Pillen und Pulver statt Obst und Gemüse Anzeige

Nahrungsergänzungsmittel? Oft nur rausgeschmissenes Geld

In Supermärkten und Drogerien füllen Nahrungsergänzungsmittel die Regale über Meter. Und seit der Corona-Pandemie ist der ohnehin schon hohe Umsatz noch einmal deutlich nach oben gegangen.

Mit einem stromleitenden Messgerät, das den Fettanteil im Gewebe misst, kann Chefarzt Dr. Stefan Köppen eine „bioelektromagnetische Impedanzanalyse“ durchführen und herausfinden, wie hoch der Anteil von Muskelmasse oder Körperwasser ist. Der Idealwert ist abgängig vom Alter, dem Geschlecht oder sogar der Ethnie.

In Supermärkten und Drogerien füllen Nahrungsergänzungsmittel die Regale über Meter. Und seit der Corona-Pandemie ist der ohnehin schon hohe Umsatz noch einmal deutlich nach oben gegangen. Offenbar wollen die Menschen, wenn denn schon die Gefahr groß ist, sich mit einem heimtückischen Virus zu infizieren, sich bestmöglich gestärkt mit Vitaminen und Spurenelementen der Herausforderung an ihr Immunsystem stellen.

 

„Nahrungsergänzungsmittel sind für den gesunden Durchschnittsbürger überflüssig und zudem recht kostspielig“, sagt hingegen Dr. Stefan Köppen, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Onkologie und Palliativmedizin am Helios Klinikum. „Ein Mangel an diesen Stoffen ist selten. Wer sich ausgewogen ernährt, braucht das nicht.“ Köppen ist Ernährungsmediziner, seine Klinik die erste und einzige in Niedersachsen, die eine Weiterbildungsermächtigung für Ernährungsmedizin besitzt.

 

Wie gesunde Ernährung aussehen sollte, wissen die meisten Menschen. „Das steht ja in jeder zweiten Zeitschrift“, sagt Köppen. Täglich frisches Obst und vor allem Gemüse sind ein Muss, auch Getreideprodukte, Kartoffeln, Nudeln und Hülsenfrüchte sollten einen festen Platz auf dem Speiseplan haben. Milch und Milchprodukte sollte es täglich geben – bei fertig zubereiteten Desserts aber auf den oft hohen Zuckergehalt achten. Fleisch und Wurst hingegen reichen ein bis zweimal pro Woche, ein bis zwei Mal pro Woche ist auch ein guter Rhythmus für möglichst fettreichen Fisch wegen der Omega-3-Säuren. Dies alles ist in den zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aufgeführt.

 

Allerdings setzt die Überfischung der Meere hinter diese Ernährungsempfehlung aus ökologischer Sicht ein Fragezeichen. Und zu viel Obst ist auch nicht angeraten, denn Früchte enthalten Fructose (Fruchtzucker) und Glukose (Traubenzucker), was in hohen Dosen zu Leberverfettung führen kann. Vor allem Übergewichtige, Menschen mit Bluthochdruck und erhöhten Blutzuckerwerten – zusammengefasst als Metabolisches Syndrom – sollten es mit den süßen Früchtchen nicht übertreiben. Süßigkeiten und andere Dinge mit hoher Energiedichte hingegen sollten immer die Ausnahme sein.

 

Lange Zeit hat die Medizin dem Verdauungstrakt, speziell dem Darm, nur wenig Beachtung geschenkt. Heute weiß man, dass die Darmgesundheit wichtig ist für die Gesundheit allgemein, denn die Mikroflora ist an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt. Eine Vielzahl von Bakterien – Schätzungen gehen für einen gesunden Erwachsenen von zehn bis 100 Billionen aus – sorgt dafür, dass Nahrung aufgespalten und Nährstoffe verfügbar gemacht werden, dass lebenswichtige Vitamine wie B1, B2, B6, B12 und K synthetisiert und Fettsäuren gebildet werden, die den Zellen der Darmschleimhaut die Energie liefern. Ein bis zwei Kilogramm wiegt dieses Mikrobiom – das bei jedem Menschen etwas anders zusammengesetzt ist und sich zwischen verschiedenen Kulturkreisen (und den damit verbundenen verschiedenen Ernährungsformen) sogar deutlich unterscheiden kann. Medikamente, speziell Antibiotika, können die Zusammensetzung dieses noch immer nicht umfassend verstandenen Mikrokosmos’ hingegen stören.

 

Fürchten muss man sich vor seinen heimlichen Untermietern nicht: Im Verlauf der Evolution hat sich eine symbiotische Beziehung zwischen den Mikroorganismen und ihrem Wirt, dem Menschen, entwickelt. Inzwischen wird eine Reihe von (Zivilisations-)krankheiten mit einer Veränderung des Mikrobioms in Verbindung gebracht: Darmentzündungen und Darmtumore etwa, aber auch Autoimmunerkrankungen, wie Arthritis und andere chronische Entzündungen, bei denen sich das überschießende Immunsystem gegen den Menschen richtet, können auf ein gestörtes Mikrobiom zurückgehen, sagt Köppen. Auch die steigende Zahl von Allergien, Asthma, Adipositas, sogar Alzheimer könnten mit den lange unterschätzten kleinen Darmbewohnern in Verbindung stehen.

 

Wer aber braucht nun wirklich Nahrungsergänzungsmittel, bei wem gibt es tatsächlich Defizite im Vitamin- und Mineralstoffhaushalt? Köppen nennt onkologische Patienten, speziell wenn sie unter Appetitlosigkeit und Schluckbeschwerden leiden, geriatrische Patienten, bei den das Hunger- und Durstgefühl leidet, Menschen mit chronischen Magen-Darm-Entzündungen, wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Auch anhaltende Durchfälle und abführende Medikamente über einen längeren Zeitraum sind schlecht fürs innere Gleichgewicht.

 

Menschen mit Bulimie oder anderen Essstörungen können durch einen dadurch hervorgerufenen Kaliummangel an einem gestörten Elektrolyt-Haushalt leiden und eine Hypokaliämie entwickeln. Der Mangel lässt sich durch Bananen gut ausgleichen. Aber Vorsicht: Nierenkranken droht bei zuviel Kalium eine Hyperkaliämie, die nicht mindergefährlich werden kann. Was kaum einer vermutet: Übergewichtige mit Adipositas können tatsächlich mangelernährt sein, weil ihr Nahrungsspektrum unausgewogen ist. Inzwischen wird aber auch diskutiert, dass das Mikrobiom Einfluss auf die Entstehung von Fettleibigkeit haben könnte.

 

Immer mehr Menschen verzichten ganz auf tierische Kost. „Pudding-Vegetarier“ riskieren, dass ihr B12-Speicher in der Leber irgendwann leer ist. Das kann zu Erschöpfung, Leistungsabfall, Demenz oder Nervenstörungen führen. Das Vitamin B12 ist vor allem in Fisch, Fleisch, Eiern und Milchprodukten enthalten. Während OvoLacto-Vegetarier ihren Bedarf noch recht gut decken können, wird es bei Veganern kritisch. Auch ihr Eisenbedarf lässt sich mit pflanzlicher Kost nur schwer ausgleichen. Die Folge ist Blutarmut (Anämie), aber auch Haarausfall kann eine Folge sein. Bei einem vermuteten Mangel an Vitaminen und Spurenelementen sollte man nun allerdings nicht aufs Geratewohl irgendwelche Pillen einwerfen, sondern mit seinem Arzt die Situation besprechen, rät Köppen. Wer hingegen eine ausgewogene, ballaststoffreiche Küche bevorzugt, könne um die Regale mit den Pillen und Pülverchen getrost einen Bogen machen.

Lassen Sie sich gut beraten:

Dr. med. Rüdiger Dönges

Hindenburgplatz 3
31134 Hildesheim

Telefon: 05121 - 33497

Facharzt für Allgemeinmedizin


 

Dr. med. Elmar Wilde

Almstr. 36
31134 Hildesheim


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