Essenszeit in der evangelischen Kita in Diekholzen: Die Zukunft der Einrichtung ist derzeit unsicher. / Foto: Moras
Kreis Hildesheim - Die andauernden Verhandlungen zwischen Landkreis und Kommunen über die Kita-Finanzierung sorgen in einigen Kommunen für Unsicherheit: Die Gemeinden haben Betreiberverträge mit freien Trägern gekündigt oder auslaufen lassen. Stand heute ist deshalb nicht klar, wer die betreffenden Kitas vom nächsten Sommer an betreibt. Eltern müssen mit unsicheren Perspektiven leben, Investitionen und Neueinstellungen müssen warten, Mitarbeiterinnen sind beunruhigt. Vor allem die evangelische Kirche fordert von Politik und Verwaltung eine zügige und langfristige Lösung.
Hintergrund ist der sogenannte Kita-Vertrag, ein kompliziertes Finanzgeflecht zwischen dem Landkreis und den 18 zugehörigen Städten und Gemeinden (siehe unten).
Weil es bis Ende Juli keine Einigung gab, beschloss die Gemeinde Diekholzen, die Betreiberverträge für die drei Kitas in der Kommune zu kündigen. Die Frist dafür lief Ende Juli ab. Betroffen sind der evangelische Kindergarten in Diekholzen sowie die katholischen Einrichtungen in Barienrode und Söhre.
Die Begründung der Kommune: Sie hat sich verpflichtet, die Kosten zu übernehmen, die nicht durch Elternbeiträge oder öffentliche Zuschüsse etwa vom Land abgedeckt sind. Das Dilemma, das Diekholzens Kämmerer Thorsten Laugwitz erklärt: Gibt es keine Einigung zwischen Kommunen und Kreis, würde die Gemeinde keine Zuschüsse mehr vom Kreis bekommen, müsste aber zunächst weiter die Defizite der kirchlichen Träger ausgleichen. Das könne die Kommune „finanziell nicht leisten“.
Aus ähnlichen Erwägungen haben Algermissen und Schellerten Verträge mit freien Trägern nicht verlängert. Laugwitz betont allerdings auch, die Kündigungen seien „vorsorglich“. Die Gemeinde Diekholzen sei mit der Zusammenarbeit mit den Kirchen sehr zufrieden und gehe von einer baldigen Einigung mit dem Landkreis aus.
Mirko Peisert, Superintendent des Kirchenkreises Hildesheim-Sarstedt, hat zwar „ein gewisses Verständnis“ für die Position der Gemeinde, ist aber trotzdem alles andere als begeistert. „Hier wird in einem ohnehin schon sehr schwierigen Bereich, in dem es derzeit viele Veränderungen gibt, zusätzliche Unsicherheit geschaffen.“ Kritisch sehe er auch, dass die große Mehrheit der Kommunen im Landkreis offenbar keinen Grund für eine Kündigung gesehen habe. Insgesamt betreibt die evangelische Kirche 48 Kitas in Stadt und Landkreis.
Die Einrichtung in Diekholzen ist von besonderer Bedeutung: Es ist mit zwei Krippen- und vier Kindergartengruppen einer der größten – und auch der bei weitem größte in der Gemeinde – der Kirchenkreis beschäftigt dort allein 33 Mitarbeiter. Und so wie die Gemeinde „vorsorglich“ gekündigt habe, müsse auch der Kirchenkreis „vorsorglich“ reagieren. Ein Beispiel: Für die Einrichtung wurden drei neue Mitarbeiterinnen gesucht. „Das konnten wir nur befristet ausschreiben – dabei ist es schon schwierig, unbefristete neue Stellen zu besetzen“, sagt Peisert. Und im Zweifel werde der Kirchenkreis personelle Lücken in anderen Kitas in der Region mit Mitarbeiterinnen aus Diekholzen füllen – wegen der unklaren Perspektiven dort. Das wiederum könnte zur Schließung von Gruppen führen. Obendrein liegt die geplante Investition von 50 000 Euro für eine neue Küche auf Eis.
Peisert und seine Amtskollegin aus dem Kirchenkreis Hildesheim-Alfeld, Katharina Henking, wollen nun kurzfristig das Gespräch mit Landrat Olaf Levonen und Sozialdezernent Ulrich Wöhler suchen. „Wir wünschen uns eine schnelle und möglichst auch langfristige Lösung und damit Planungssicherheit für Eltern, Betreiber und Mitarbeiter“, betont Henking. Der gegenwärtige Umgang sei „nicht glücklich“.
Kreisverwaltung und Kommunen betonen auf Nachfrage, man sei guter Dinge. Er sei „zuversichtlich, dass wir in den nächsten Wochen eine Einigung erzielen werden“, sagte Algermissens Bürgermeister Wolfgang Moegerle, der Sprecher der Städte und Gemeinden, auf Nachfrage. Landrat Levonen lässt vage ausrichten: „Gegenwärtig laufen die Verhandlungen, und wir sind auf einem guten Weg.“
Bis eine eventuelle Einigung rechtsverbindlich ist, müssen ihr aber noch der Kreistag sowie die Räte der einzelnen Kommunen zustimmen. Das dürfte noch länger dauern als „in den nächsten Wochen“.
Grundsätzlich sind Kitas Landkreis-Sache. Der Kreis hat die Aufgabe an die Kommunen übertragen – was die auch wollen – und zahlt ihnen dafür Geld. Die genauen Regelungen sind allerdings Gegenstand zäher Verhandlungen. Als Ende vergangenen Jahres der Vertrag auslief, konnten sich Kreis und Kommunen nur auf eine Verlängerung für ein Jahr einigen. Das Jahr 2018 wollten sie nutzen, um eine neue, dauerhafte Vereinbarung zu treffen. Einer der Gründe war die Einführung der Beitragsfreiheit für Kindergärten, deren Auswirkungen schwer abzuschätzen waren. Zudem will die Politik seit Bildung der Großen Koalition im Kreistag mehr mitreden als früher.
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