Hildesheim - Eigentlich weiß ich es schon nach wenigen Minuten, liebe Julia. Ja oder nein. Hop oder top. Da ich nun schon einige erste Online-Dates auf dem Buckel habe, ist mir mittlerweile klar, dass mein erster Eindruck mich eigentlich nie getäuscht hat. Also ob da überhaupt ein zweites Treffen Sinn macht oder nicht. Das ist die große Krux an Dating-Apps: Du kannst dich noch so gut im Chat unterhalten und die Person auf den Bildern gefällt dir – die Realität ist oft ganz anders. Der, der auf Tinder noch eine Frage nach der anderen gestellt hat, ist im echten Leben plötzlich ganz still? Prinzipiell nicht schlimm, aber es wundert mich. Der Mann ist locker 20 (!) Zentimeter kleiner, als er in seinem Profil angegeben hat? Unangenehm. Wenn er schon bei sowas Offensichtlichem lügt, wie ist das dann bei wichtigen Dingen? Der Nächste spricht bereits nach fünf Minuten von seiner Exfreundin? Bitte erst mal die Trennung verarbeiten, danke. Und nicht zuletzt sind dann da noch diese Dinge, die man gar nicht beeinflussen und auch nicht erzwingen kann – Anziehung, Sympathie, die neudeutschen „Vibes“. Und ob die da sind oder so überhaupt nicht, das merkt man eben erst im echten Leben. Aber da sofort, manchmal schon nach wenigen Sekunden – und man könnte manchmal eigentlich direkt wieder umdrehen. Gerade bin ich ziemlich ernüchtert vom Online-Dating, zumal es mittlerweile schon eine Herausforderung geworden ist, dort ein Gespräch zu führen, das über „Was hast du heute gemacht?“ hinausgeht. Geschweige denn, es aus dem Chat auf ein echtes Treffen zu schaffen. Wir alle sind auf diesen Apps eben mit einem einzigen Fingertipp austauschbar. Aber wer weiß schon, wer hinter dem nächsten Match steckt – ich halte dich auf dem Laufenden.
In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im wöchentlichen Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.