Thrombektomie Anzeige

Moderne Röntgentechnik hilft Ärzten bei der Operation

Chefarzt Jan Hinrichs demonstriert die Röntgentechnik im Hildesheimer St. Bernward Krankenhaus (BK) Foto: Werner Kaiser

Mit der Radiologie verbinden viele auch heute noch Ärztinnen und Ärzte, die Röntgenbilder betrachten und daraus Diagnosen ableiten. Doch die bildgebenden Verfahren wie Röntgenaufnahmen oder Computertomografien dienen heute längst nicht mehr nur dazu, bestimmte Verletzungen und Erkrankungen zu erkennen. Vielmehr können sie Ärzten auch helfen, bei sogenannten minimalinvasiven Eingriffen in Echtzeit die entsprechenden Körperregionen darzustellen und die eingesetzten Materialien zielgenau zu navigieren.

Der Chefarzt der Radiologie im St. Bernward Krankenhaus (BK), Professor Jan Hinrichs, demonstriert das in einem der hochmodernen Hybrid-Operationssäle der Klinik. Über dem Operationstisch schwebt ein Röntgengerät. Dieses kann er ganz einfach an die Stelle über dem Patienten bewegen, an der der Eingriff stattfindet. Am Ende des Tisches ist ein riesiger Bildschirm installiert, auf dem während der Operation dann die Bilder aus dem Inneren des Körpers live übertragen werden.

Diese interventionell-radiologischen Verfahren treibt Hinrichs am BK voran, der hier seit April 2023 als Chefarzt tätig ist. Der 41-Jährige arbeitete vorher an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), wo die Interventionsradiologie bereits zu seinen Schwerpunkten zählte.

Ein Einsatzfeld der modernen Technik ist die Behandlung der Lungenarterienembolie. Sie wird ausgelöst durch ein Blutgerinnsel, das die Lungenarterien verstopft. „Die Patienten bekommen schlecht Luft und können auch eine Ohnmacht erleiden“, sagt Professor Hinrichs. Die klassische Behandlung bei diesen Beschwerden ist die Blutgerinnungshemmung und in sehr schweren Fällen die Lysetherapie. Dabei handelt es sich um ein Medikament, das intravenös verabreicht wird und die Blutgerinnsel auflöst. Ein Verfahren, das auch bei Herzinfarkten oder Schlaganfällen zum Einsatz kommen kann.

Allerdings kann die Lyse auch Nebenwirkungen haben. Das Problem: Sie wirkt nicht nur an der betroffenen Stelle, also in dem Fall in den Lungenarterien, sondern im ganzen Körper. Es kann daher zu inneren Blutungen kommen. Als schwere und potenziell lebensbedrohliche, aber seltene Nebenwirkung kann es sogar zu Hirnblutungen kommen.

Eine Alternative ist die Thrombektomie. Ein recht neues Verfahren, das Hinrichs im BK eingeführt hat. 20 Patientinnen und Patienten hat er so seit dem vergangenen Jahr bereits behandelt. Erfolgsquote: 100 Prozent. Dabei gehört die Methode noch nicht zum Katalog der Eingriffe, die von den Krankenkassen standardmäßig bezahlt werden. Das Krankenhaus muss daher einen speziellen Antrag stellen, damit die Kosten übernommen werden.

Bei der Thrombektomie wird ein 90 Zentimeter langer und circa sieben Millimeter dünner Katheter durch die rechte Leistenvene in den Körper geführt. Von dort leitet Hinrichs den Schlauch durch das Herz in die Lunge, wo das Gerinnsel dann abgesaugt wird. Und das wirkt sich direkt aus. Die Patienten, die in der Regel nur lokal betäubt sind, merken noch auf dem OP-Tisch eine Besserung. „Man hat eine sofortige Entlastung der Patienten“, sagt Hinrichs. Die können nämlich direkt wieder besser atmen und die Herzbelastung wird unmittelbar gesenkt.

Den interventionell-radiologischen Eingriffen gehört nach Ansicht von Hinrichs die Zukunft. „Ich glaube, dass sich der Anteil dieser und ähnlicher Verfahren ausweiten wird“, sagt der Chefarzt. Und so verändert sich auch das Berufsbild des Radiologen. Vom reinen Auswerten von Bildern hin zum Intervenieren. Zumal es bei der Analyse der Röntgenbilder mehr und mehr Unterstützung durch Künstliche Intelligenz gebe.

Sebastian Knoppik