Kolumne: Unter Uns

Die große Frage: Lieber Arschloch als Zicke?!

Hildesheim - Wer als Teenie der 90er etwas auf sich hielt, trug T-Shirts mit Glitzerbuchstaben und klarer Botschaft. HAZ-Kolumnistin Julia Haller grübelt über den Trend vergangener Tage.

Ein Foto mit der Aufschrift „Zicke“ wäre nichts für HAZ-Redakteurin Julia Haller gewesen, wie sie in der neuen Kolumne „Unter uns“ ihrer Kollegin Katharina Brecht schreibt. Foto: HAZ

Hildesheim - Als Kind der 90er, liebe Katharina, kennst du sie vielleicht auch noch: Die T-Shirts mit aufgedruckten Wörtern, die dem Gegenüber klar machten, mit wem er es da eigentlich zu tun hatte. Da musste ich letztens dran denken, als ich mir ein paar alte Fotos ansah. Auf einem davon trägt eine Schulfreundin ein weißes Shirt mit dem Wort „Zicke“ darauf, in, na klar, pinken Glitzerbuchstaben.

Das war damals in, das trug man eben – und ertrug dann auch die doofen Kommentare. Für mich wäre das Shirt aber nichts gewesen. Schon als Teenie habe ich es gehasst, wenn mich jemand zickig genannt hat. Ich, eine Zicke?! Von wegen! Ich war pflegeleicht und konfliktscheu. Jetzt, so im Arbeitsleben und mit ’n paar Jährchen mehr auf dem Buckel, will ich das natürlich nicht mehr sein. Also, pflegeleicht und konfliktscheu.

Lernen von Stromberg?

Man muss sich schon auch mal behaupten, in der rauen Welt – ob auf der Arbeit, in Freundschaften oder in der Beziehung. Aber gar nicht mal so einfach, weil da immer dieser Zweifel um die Ecke kommt: War das jetzt zickig? Hab ich überreagiert? Schnell noch einen lächelnden Smiley hinterherschicken, der das Ganze entschärft. Eigentlich albern, oder?

Stromberg zum Beispiel, der durfte cholerisch durchs Büro poltern, den hat nie jemand zickig genannt. Ein Arschloch vielleicht, ja, aber zickig? Zu emotional? Nee. Und: Gedanken, ob er zickig rüberkommt, hat der sich bestimmt auch nie gemacht. Vielleicht sollten sich das die Teenager heutzutage aufs Shirt drucken lassen, „Arschloch á la Stromberg“. Wobei, vielleicht ein bisschen viel Text für die meist bauchfreien Crop-Tops. Vielleicht aber auch besser so. Wieso sich selbst einen Stempel aufdrücken, wenn es das Umfeld oft genug schon von allein macht?


In der neuen Kolumne „Unter Uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Julia Haller und Katharina Brecht im wöchentlichen Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.

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