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Ein Chirurg, der vollständig in den Brustkorb eintaucht – die Roboterarme des Da-Vinci-Systems machen es möglich

Neuer Kollege: der Hildesheimer Chefarzt Armen Aleksanyan mit dem „Da-Vinci“-Roboter. Foto: Helios Klinikum Hildesheim

Eine Operation, bei der der Chirurg mehrere Meter vom Patienten entfernt steht? Was zuerst paradox klingt, ist in der Thoraxchirurgie des Helios Klinikums Hildesheim bereits fester Teil des OP-Alltags. Denn schon seit 2022 nutzt das Team vom Chefarzt Armen Aleksanyan für bestimmte Operationen im Brustkorb das sogenannte Da-Vinci-System – ein Roboter mit mehreren Armen, an denen OP-Instrumente befestigt sind.

Mit diesen schneidet der Roboterarm etwa Gewebe oder führt Gas in den Brustkorb, um diesen leicht zu erweitern und so mehr Spielraum für die OP zu verschaffen. Chefarzt Aleksanyan hebt aber hervor, dass sich Patientinnen und Patienten keine Sorgen darüber machen müssten, dass sie anstelle eines Menschen ausschließlich eine Maschine operiere: „Jede Bewegung des Roboters wird von einem Chirurgen, der an einer Konsole sitzt, durchgeführt und gesteuert.“ Tatsächlich seien bei einer Operation, bei der das Da-Vinci-System zum Einsatz kommt, sogar immer zwei Chirurgen zugegen: „Einer sitzt an der Konsole, der mit dem Roboter operiert und ihn steuert und der zweite steht am Patienten.“ Denn falls doch ein korrigierender Eingriff nötig sei, könne der zweite Chirurg – Tischassistent genannt – unverzüglich handeln.

Das Da-Vinci-System wurde um die Jahrtausendwende entworfen und war ursprünglich nicht für die Thoraxchirurgie gedacht. Im Brustkorb befinden sich mehrere überlebenswichtige Organe wie die Lungen und das Herz. Diese zu bewegen, um so an die zu operierenden Stellen im Gewebe zu gelangen, sei aber wegen der Rippen schwierig – im Bauchbereich sei das dagegen viel einfacher, erklärt der Chefarzt. Daher kam das System zuerst in der Urologie und Gynäkologie zum Einsatz.

Chefarzt Aleksanyan habe aber mit Freude beobachten können, wie im Laufe der Jahre immer klarer wurde, dass sich die Roboter auch für Operationen im Brustkorbbereich eigneten. Und, davon ist Aleksanyan überzeugt, mittlerweile einen klaren Mehrwert darstellen, etwa zur Bekämpfung von Lungentumoren oder von wild wucherndem Gewebe. Das System nennt er darum eine „Innovation in der Chirurgie“.

Denn Kameras an den Da-Vinci-Armen ermöglichten sowohl einen dreidimensionalen Einblick in den menschlichen Körper als auch eine zehnfache Vergrößerung, die das Innenleben deutlich detaillierter darstelle – bis hin zu Nerven und kleinen Blutgefäßen. „Diese Strukturen konnte man vorher mit normalen Kameras nicht erkennen, jetzt schon.“ Für den steuernden Arzt ermögliche das eine viel präzisere Arbeit, da er mithilfe des Systems regelrecht in seinen Patienten eintauchen könne etwa einen Schnitt so millimetergenau durchführen könne. „Man fühlt sich als Chirurg in den Brustkorb versetzt“, fasst es Aleksanyan zusammen. Und da die Chirurgen so auch deutlich schonender am Gewebe eines Körpers arbeiten könnten, fühle sich anschließend auch der Patient besser – die Operation sei deutlich schonender für den Körper. So habe er im Vorfeld auch noch nie von einem Patienten gehört, dass dieser auf einen Eingriff mithilfe des Da-Vinci-Systems lieber verzichten wolle.

Aleksanyan sieht aber auch Vorteile für die andere Seite: die der Chirurgen. Denn eine Operation, gerade eine komplizierte, erfordere von ihnen nicht nur höchste Konzentration. „Das kann auch unangenehm für den Rücken werden“, sagt der Chefarzt. Schließlich stehen sie teilweise stundenlang am Tisch über den Patienten gebeugt. Hinter der Da-Vinci-Konsole können sie aber sitzen, was den Körper deutlich mehr schone. Allerdings weist er darauf hin, dass die intensive Konzentration vor der Konsole auf Dauer auch ermüdend sein kann.

Alle Operationen mit dem Da-Vinci-System führt das Team um Aleksanyan im Helios Klinikum Salzgitter durch, mit dem das hiesige Klinikum kooperiert. Als überregionales Kompetenzzentrum für robotergestützte Eingriffe bietet das Da-Vinci-Zentrum Südniedersachsen minimalinvasive Chirurgie. Eingesetzt wird diese Technologie in der Thoraxchirurgie, Allgemeinchirurgie, Gynäkologie und Urologie. Alle Vorgespräche mit den Patienten, betont der Chefarzt, gibt es aber hier in Hildesheim.

Milan Bauseneik