Hildesheim - Das Hildesheimer Nachtleben ist viel besser als sein Ruf, liebe Julia – auch, wenn mir viele widersprechen würden. Ja, wir haben keinen Club mit drei Dancefloors, keine Schickimicki-Bar, und unter der Woche kann es auch mal sein, dass um 22 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden. Aber meiner Meinung nach hat es viele Vorteile, in dieser Stadt auszugehen. Es gibt richtig gute Lokale hier, in denen man viel Spaß haben kann – man muss halt nur wissen, wo.
Denn hatten wir nicht neulich einen super lustigen Abend? Genau so liebe ich das: Nach dem Biergarten noch auf einen Absacker in meine Lieblingsbar in der Friesenstraße, mit dem Barkeeper schnacken, und ehe man sich versieht, plaudert man mit fremden Menschen am Nebentisch, die plötzlich gar nicht mehr so fremd sind, weil sie jemanden aus dem Umfeld über drei Ecken kennen. Noch eine Runde, noch ein Schwank, und auf einmal sind zwei, drei Stunden dahin. Huch, versackt, die Nacht ist verflogen.
In einem Punkt muss man Abstriche machen
Ein weiterer Vorteil in Hildesheim: Du weißt genau, was dich wo erwartet. Je nach Lust und Laune ist klar, wo es hingehen muss – die Qual der Wahl gibt es nicht. Außerdem bieten gute Bars hier hochwertige Cocktails noch zu fairen Preisen. In größeren Städten muss ich beim Blick auf die Getränkekarte oft schlucken. Nicht zu vergessen: die kurzen Wege. Eine Straßenbahnfahrt kann schließlich ein großer Stimmungskiller sein. Haben wir uns nicht alle deswegen schon mal umentschieden und sind doch ins Bett gegangen, weil die Vernunft sich eingeschaltet hat? Klar, in mancher Nacht ist Schlafengehen die bessere Wahl. Aber ich habe in Hildesheim schon schöne Geschichten erlebt, als wir eben doch noch kurz um die Ecke in die nächste Kneipe eingefallen sind, die wir noch Stunden zuvor auf keinen Fall betreten hätten. Und da stand ich zum Beispiel dem ein oder anderen Grundschulkameraden gegenüber – fast 20 Jahre nicht gesehen und doch wiedererkannt. Ich mag das total: alte und neue Bekannte treffen, ganz zwanglos.
Gut, bei einem Aspekt gibt es hier Mängel, ich gebe es zu: Mit dem Tanzengehen wird’s kompliziert. Da muss man häufiger Abstriche machen. In diesen Momenten wünschen wir uns wohl alle das Dax zurück. Aber auch dafür gibt’s Lösungen: Zur Not wird eben in der Bar getanzt, auch das hab ich schon erlebt. Und nicht zuletzt kommt es doch eh auf die Gesellschaft an, in der man unterwegs ist. Also: Wann gehen wir beide wieder los?
In der neuen Kolumne „Unter Uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Julia Haller und Katharina Brecht im wöchentlichen Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.