Foto des Tages

Hingucker: Rätsel um Hildesheimer Feuerwehreinsatz zu Kaisers Zeiten

Hildesheim - Ein beeindruckendes historisches Foto aus Hildesheim, auf dem einige Details aber nicht passen – erkennen Sie, welche?

Hildesheim - Jeden Tag veröffentlicht die Hildesheimer Allgemeine Zeitung ein Foto des Tages. Haben Sie auch einen ganz besonderen Schnappschuss gemacht? Dann senden Sie uns das Bild mit dem Betreff „Hingucker“ an redaktion@hildesheimer-allgemeine.de.


Eines der seltenen Fotos, das einen Feuerwehreinsatz in Hildesheim während der Kaiserzeit zeigt? Schön wär’s. Aber spätestens beim Blick auf den VW Käfer im Hintergrund wird dem Betrachter bewusst, dass auf dem Foto etwas nicht stimmt. Der gut gelaunte Feuerwehrtrupp muss jüngeren Jahrgängen angehören, trägt erkennbar falsche Bärte und ist offenbar nur kostümiert. Zudem ist die Handspritze zwar echt und einsatzbereit, gelöscht werden soll mit ihrem Wasserstrahl aber eine als einsturzgefährdet markierte Ruine. Merkwürdigkeiten über Merkwürdigkeiten.

Die sich aber schnell aufklären lassen. Denn auf der Rückseite des Abzuges hat HAZ-Fotograf Theo Wetterau vermerkt, dass das Foto am 20. Mai 1951 entstanden ist, als die Hildesheimer Freiwillige Feuerwehr groß ihren 75. Geburtstag feierte. Begonnen hatte das Festwochenende am 19. Mai mit der Totenehrung auf dem Nordfriedhof, der da noch Zentralfriedhof hieß. Dem schloss sich der Festakt im bereits wiederaufgebauten Stadttheater an. Zur illustren Festgesellschaft zählte auch der Herzog von Braunschweig mit seiner Gattin Viktoria Luise.

Am Sonntag kam bei der spektakulären Feuerlöschübung am Godehardsplatz dann Volksfeststimmung auf. Sogar die Wochenschau filmte, als die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr in alten Uniformen und mit historischem Gerät Stationen ihrer Geschichte nachstellten. Nach der Eimerkette kam die hier abgebildete „Veteranen-Pumpe“ zum Einsatz. Aber natürlich wurde auch stolz moderne Technik präsentiert, mit den „brandneuen“ Schaumlöschern wurden Teile des Platzes in eine Schneelandschaft verwandelt. Diese erste Hildesheimer Schaumparty war gerade für die Kleinsten eine Riesengaudi. Die Erwachsenen versammelten sich dagegen ganz gediegen zum Abschlussball im Festzelt auf dem Marktplatz.

Die Kulisse am Godehardsplatz war für die Vorführungen der Feuerwehrmänner durchaus mit Bedacht gewählt worden. Denn merkwürdigerweise hatten hier die meisten Fachwerkbauten rund um das Wernersche Haus die Bombenangriffe im Frühjahr 1945 überstanden, die ehemalige Nikolaikirche dagegen, der zu rettende „Steinhaufen“ auf unserem Foto, war im Inneren vollständig ausgebrannt. Ein Sakralbau wurde an dieser Stelle erstmals 1146 erwähnt, die spätere Pfarrkirche St. Nikolai wurde noch bis 1792 benutzt. Mit der Säkularisation wurde das Gotteshaus profaniert und an privat verkauft, nach der Zerstörung 1945 standen die geschwärzten Mauern noch bis 1967 leer, dann erst erfolgte in Abstimmung mit dem Denkmalschutz der Wiederaufbau als Wohnhaus.

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