Kolumne „Unter uns“

Im Zwiespalt zwischen Bodypositivity und unrealistischen Körperidealen: Ein Realitäts-Check kann helfen

Hildesheim - Zwar stehen einige Instagrammerinnen für Natürlichkeit ein und zeigen sich auch mal in ungeschönten Posen – doch die scheinbar makellosen Fotos der anderen überwiegen im Social-Media-Feed. Das kann manchmal ziemlichen Druck auslösen. HAZ-Redakteurin Katharina Brecht hat eine Lösung gefunden.

In der neuen HAZ-Kolumne „Unter uns“ schreiben sich Katharina Brecht und Julia Haller abwechselnd zu Themen, die sie bewegen. Zum Beispiel zum Thema Körperideale. Foto: HAZ

Hildesheim - Bianca Heinicke, die mit ihrem Youtube-Account Bibis Beauty Palace berühmt wurde, will sich nicht mehr rasieren – hast du das mitbekommen, liebe Julia? Online war das ein ziemlich großes Thema. Die Influencerin, die sich vor ein paar Jahren noch bei Brust- und Nasen-OPs filmte, hat sich gewandelt – um 180 Grad. Denn statt um Beauty und Konsum geht es auf ihrem Instagram-Account seit Kurzem um Selbstliebe, Veganismus und Natürlichkeit.

Aus meiner Sicht geht die Schere im Internet da ziemlich weit auseinander. Zum einen sind da die, die die Bodypositivity-Bewegung unterstützen und sich gegen unrealistische Schönheitsideale einsetzen. Es braucht verrückterweise gar nicht viel, damit das für viele Followerinnen schon mutig wirkt: Da reicht es, wenn eine Frau ein Foto postet, auf dem sie sitzt und ihr Bauch nicht komplett flach ist. Wie wohl bei so ziemlich jedem Menschen – doch im Internet ist das ein seltener Anblick. Schließlich sind auf der anderen Seite die, die nichts dem Zufall überlassen, die sich in die richtige Pose werfen, mit Filtern und Photoshop nachhelfen, und oft auch ihren Körper per Botox, Silikon und Co. verändert haben. Mir scheint, dass es im Netz nur diese beiden Extreme gibt – entweder komplette Natürlichkeit oder perfekte Schönheit.

Besser: Echte Menschen angucken

So richtig durchsetzen konnten sich die Realistinnen noch nicht, zumindest in meinem Feed folgen auf ein Steh-zu-deinem-Körper-Foto direkt wieder zwei, die zu schön aussehen, um wahr zu sein. An manchen Tagen macht dieser Beauty-Druck auch mir zu schaffen. Doch ich habe festgestellt, wie ich mich zumindest für den Moment von unrealistischen Körperbildern befreien kann. Es ist eigentlich ganz leicht: Einfach mal drauf achten, wie Menschen in echt aussehen. Zum Beispiel im Schwimmbad oder in der Sauna. Es reicht, einfach nur dort zu sein, um zu sehen, dass Körper – anders als im Internet – ganz unterschiedliche Proportionen haben, mit Dellen und Dehnungsstreifen hier und da, mit kleinen oder großen Rollen im Stehen und im Sitzen. Das ist echt, ungeschönt und ungefiltert. Mich bringt dieser kurze Realitätscheck immer runter. Denn makellos, das ist in Wahrheit eben niemand. Und das ist auch völlig okay.


In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.

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