Kolumne „Unter uns“

Achtung, Hochstapler?! Von der Angst, entlarvt zu werden

Hildesheim - Hab ich was falsch gemacht? Kann ich’s in Wirklichkeit gar nicht? Fragen wie diese kennen Menschen mit dem sogenannten Imposter-Syndrom. Aber das gegenteilige Phänomen ist doch im Grunde noch schlimmer, sinniert HAZ-Redakteurin Julia Haller in ihrer Kolumne „Unter uns“.

In dieser Woche schreibt HAZ-Redakteurin Julia Haller in der Kolumne „Unter uns“ über das Imposter-Syndrom. Foto: HAZ

Hildesheim - Der Chef bittet einen zum Gespräch – und sofort klingeln die Alarmglocken. Oh Gott, hab ich Mist gebaut, war der letzte Text daneben, droht mir jetzt direkt die Kündigung? Nein, eigentlich geht es um nichts Wildes, eine terminliche Absprache. Kennst du das, liebe Katharina? In der heutigen Zeit gibt’s ja zum Glück für alles einen Begriff, auch für dieses Gefühl: Impostor-Syndrom, zu deutsch Hochstapler-Syndrom. Heißt: Egal, wie viel und gut man arbeitet, eigentlich hat man das Gefühl, den anderen nicht das Wasser reichen zu können. Man hat Angst, plötzlich aufzufliegen – als Hochstapler.

Eigentlich legt man die Latte dabei immer nur so hoch, dass einem kaum was anderes übrig bleibt, als drunter durchzulaufen. Ich hab da letztens viel drüber nachgedacht, und weil Nachdenken allein ein Problem eigentlich nur größer und nicht kleiner macht, hab ich einfach auch mal mit ein paar Menschen drüber gesprochen. Und gemerkt: Tatsächlich geht’s vielen so. Zumindest vielen Frauen. Diese chronische Selbstunterschätzung frisst natürlich eine Menge Energie. Ist das wirklich nötig? Andererseits, einfach Abstellen lässt sich dieses Syndrom ja auch nicht. Und es hat nicht nur Nachteile. Im beruflichen Alltag tut es ja auch mal ganz gut, sich nicht zu überschätzen; Fakten noch mal zu prüfen, das eigene Werk zu hinterfragen. Der Hang zum Perfektionismus hält einen ja auch ein bisschen wach. Vielleicht ist mir ein gelegentliches Impostor-Syndrom also dann doch lieber, als das Gegenteil: Der Dunning-Kruger-Effekt. Bei dem überschätzen sich Menschen grundlos.


In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Julia Haller und Katharina Brecht im wöchentlichen Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.

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