Die venöse Insuffizienz, das Krampfaderleiden, tritt im Lauf des Lebens zunehmend häufig auf. Dies bedeutet, dass ältere Menschen meistens die schwerwiegenderen Venenerkrankungen haben. Durch den fehlerhaften Blutfluss von den tiefen Venen rückwärts in die Oberflächenvenen hinein bis zum Fuß können nicht nur unschöne Venenerweiterungen (Krampfadern), sondern auch Ödeme (Beinschwellungen) und gravierende Hautveränderungen wie Ausdünnungen und Verfärbungen der Haut, häufig an der Knöchelregion, und auch Hautdefekte, das offene Bein/Ulcus Cruris, entstehen. Die dadurch eintretende Immobilisation ist insbesondere im Hinblick auf Alterserkrankungen als ungünstig einzuschätzen.
Zur Linderung dieses Leidens und erst recht zur Verhinderung solcher Komplikationen wäre es daher geboten, insbesondere beim älteren Menschen die Ursache dieser Störungen zu beseitigen. Neben dem lästigen dauerhaften Tragen von angepassten Kompressionsstrümpfen kam früher lediglich die chirurgische Krampfaderentfernung in Vollnarkose infrage. Aufgrund der dabei in der Regel notwendigen Allgemeinnarkose ist das Verfahren selbstverständlich, insbesondere im höheren Alter, lediglich auf schwergradige Fälle und Patienten beschränkt, die keine gravierende Grunderkrankung haben und voll narkose- und OP-fähig sind.
Aber auch älteren und multimorbiden Patienten kann die moderne Medizin nun sehr gut helfen. Mithilfe von Katheterverfahren können Stammveneninsuffizienzen sowie Perforanzinsuffizienzen, die meist die Ursache gravierender Venenerkrankungen darstellen, in fast allen Fällen mindestens gleich gut behandelt werden. Dabei wird zwischen Hitzeverfahren (Radiowellen- sowie Laser-Ablation) und nicht thermischen Kleberverfahren (Venaseal Closure Verfahren) unterschieden.
Beim älteren Hitzeverfahren ist zumindest eine Tumeszenzanästhesie notwendig. Dabei wird die Vene zunächst mit Kochsalz- und Anästhesielösung umspritzt, um insbesondere die empfindlichen Nervenstrukturen in der Nähe der Vene vor der Hitze (Radiowelle 125°, Laser bis 1000°) zu schützen. Durch die hohe thermische Energie ist dabei in einigen Fällen, insbesondere bei schmerzsensiblen Patienten, dennoch eine Allgemeinnarkose notwendig. Demgegenüber ist beim neueren Venaseal Kleberverfahren weder eine Tumeszenzanästhesie noch eine Allgemeinnarkose notwendig, da das Verfahren so gut wie schmerzfrei ist.
Allgemein gesprochen werden bei den Katheterverfahren die ursächlichen Stammvenen nicht entfernt, sondern von der Mündung ins tiefe Venensystem an bis zum sogenannten unteren Insuffizienzpunkt ausgeschaltet. Das bedeutet, der krankhafte Venenabschnitt wird stillgelegt und wird im Folgenden vom Körper langsam abgebaut. Im Endergebnis ergibt sich die gleiche Situation wie beim konventionellen Stripping: Die Vene ist nach einiger Zeit nicht mehr nachweisbar, Krampfadern verschwinden und Hautveränderungen heilen schneller ab. Auch das postoperative wochenlange Tragen von Bandagen und Kompressionsstrümpfen entfällt in der Regel. Zudem ist die Rate an Neubildungen von Krampfadern signifikant geringer.
Dies bedeutet, dass auch älteren Menschen mit diversen anderen Erkrankungen, für die aufgrund von Risiken eine operative Venensanierung in Vollnarkose nicht mehr gut in Frage kommt, hervorragend mit dem Venaseal Verfahren geholfen werden kann. Selbstverständlich ist das Verfahren aber auch für jüngere aktive Patienten ideal geeignet. Im Anschluss können die Patientinnen und Patienten sofort aufstehen und mit dem eigenen Fahrzeug nach Hause fahren und ihren Alltagstätigkeiten nachgehen. Eine stationäre Aufnahme ist dafür nicht notwendig.
Nachteilig ist lediglich, dass die Katheterverfahren von der gesetzlichen Versicherung in Deutschland noch immer nicht übernommen werden und daher nur als Selbstzahlerleistung erbracht werden können. Die Privatversicherer und Beihilfestellen sind hier schon weiter und übernehmen die Kosten in so gut wie allen Fällen.
Dr. med. Joachim Thum