Diabetes bei Kindern Anzeige

Lennys Glukose-Sensor

Uta Werner mit einer Diabetes-Patientin im Hildesheimer Helios Klinikum. Inzwischen gibt es einige medizinische Möglichkeiten jenseits des klassischen „Pieks“ in den Finger.

Wenn das Kind plötzlich mehr Durst als üblich hat, sich nachts vielleicht wieder einnässt, es stark abnimmt sowie matt und antriebslos ist, kann es sein, dass es unter Diabetes Typ 1 leidet. Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung. Das körpereigene Immunsystem greift die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse an und zerstört sie. Der Körper produziert in der Folge kein oder zu wenig Insulin, das aber für den Abbau des Zuckers erforderlich ist. Der Zucker bleibt im Blut, kann nicht weiterverarbeitet werden, der Blutzuckerspiegel steigt – als Folge können lebensbedrohliche Störungen des Stoffwechsels auftreten.

In Deutschland sind etwa 0,2 Prozent aller Kinder bis 18 Jahre von der Stoffwechselerkrankung betroffen. Rund 100 von ihnen werden aktuell vom Kinder-Diabetesteam des Helios Klinikums Hildesheim begleitet. Weitere 20 im St. Bernward Krankenhaus. Die weitaus meisten von ihnen wurden von Kinderärzten überwiesen. Unter dem Motto „Fr1da im Norden“ bietet das Kinderkrankenhaus auf der Bult in Hannover auch eine regelmäßige Typ-1-Diabetes-Früherkennung "www.fr1da-im-norden.de" an.

Einige der Jungen und Mädchen kommen auch als Notfall in die Krankenhäuser. Dort befassen sich dann Menschen wie Uta Werner mit den jungen Patienten. Die 46-jährige Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin sowie Diabetologin leitet das Kinder-Diabetesteam des Helios Klinikums Hildesheim. „Lebensbedrohlich ist dieser Zustand nur, wenn er über einen längeren Zeitraum anhält“, sagt sie. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wer sich mit seiner Tochter oder seinem Sohn schnell um Hilfe kümmert, hat gute Chancen, dass das Problem nicht allzu groß wird.

Ist die Diagnose getroffen, gibt es reichlich Rat und Unterstützung von den Fachleuten. In einer ersten Phase werden die jungen Patienten zehn bis 14 Tage stationär aufgenommen. Während dieser Zeit geht es um alle Aspekte der kommenden Jahre und Jahrzehnte: Ernährung, Sport, Medikamente. „Wir erklären den Eltern und Kindern dann, wie es jetzt für sie weitergeht“, sagt Uta Werner.

In ihrem Behandlungszimmer im Klinikum sitzt ein großer Löwe aus Stoff in der Ecke. „Das ist Lenny“, sagt sie. Das Stofftier hat einen streichholzschachtelgroßen Aufkleber auf dem Bauch und einen etwas kleineren auf dem Oberarm. „Auf dem Arm befindet sich ein Glukose-Sensor, der den Blutzuckerwert misst“, sagt die Kinderärztin. Das andere sei eine Patch-Pumpe. Sie gebe – jedenfalls am menschlichen Körper aufgebracht – automatisch und über mehrere Tage vorher eingestellte Insulin-Dosen ab.

Früher mussten Diabetes-Kranke sich regelmäßig in den Finger stechen, um das Blut zu untersuchen. Und sich in einem zweiten Schritt mit einer stiftförmigen Spritze Insulin injizieren. Beides ist nach wie vor möglich. Aber es gibt eben viele weitere Möglichkeiten. Zum Beispiel den Glukose-Sensor und die Patch-Pumpe, die nahezu automatisch funktionieren und das Leben weniger als früher beeinträchtigen. Eine Verbindung in den Körper ist dabei zwar nach wie vor erforderlich. „Aber es handelt sich meistens um sehr dünne Teflon-Nadeln, die man nach kurzer Zeit so gut wie gar nicht mehr spürt“, sagt Uta Werner. „Die Kinder gewöhnen sich schnell daran.“

Auch beim Thema Ernährung kommt auf die meisten weniger zu als vielleicht befürchtet. „Die Kinder dürfen im Prinzip alles weiteressen“, sagt Uta Werner. Allerdings gelte hier wie im Grund für jeden Menschen: Wichtig ist eine gesunde Mischkost mit wenig Wurst und Fleisch, dafür viel Gemüse und gesunden Ölen. Und nicht zuletzt müssen die Betroffenen die Art und Menge der Kohlenhydrate im Blick behalten. All das vermitteln Uta Werner und ihr Helios-Team auch den Mädchen und Jungen sowie ihren Eltern. „Gemeinsam schaffen wir das“, verspricht die Ärztin.

Christian Harborth