Unter uns

Plötzlicher Kontaktabbruch: Übers Ghosting – und warum das nicht nur beim Dating schmerzhaft ist

Hildesheim - Ghosten, so nennt man das, wenn der andere plötzlich nicht mehr antwortet. Dass es das aber nicht nur im Liebesleben, sondern auch in Freundschaften gibt, musste HAZ-Kolumnistin Julia Haller erfahren. Doch: Manchmal gibt es unerwartet eine Wendung.

In dieser Woche schreibt HAZ-Redakteurin Julia Haller in der Kolumne „Unter uns“ übers Ghosting. Foto: HAZ

Hildesheim - Ich weiß, Katharina, auch du wurdest schon mal geghosted – beim modernen Dating bleibt das wohl kaum aus. Ghosting, also, der plötzliche Kontaktabbruch ohne Erklärung oder Warnung, gehört heutzutage zum guten Stil. Oder, wenn du mich fragst, zum schlechten. Allerdings gibt’s das nicht nur im Dating-Kontext. Nein, manche werden auch in Freundschaften einfach zum Geist, melden sich plötzlich nicht mehr, reagieren auch auf Nachfragen nicht. Und das kann echt wehtun. Ich weiß das aus Erfahrung.

Mittlerweile ist es fast zehn Jahre her, dass mich eine damals gute Freundin geghosted hat. Wir standen uns nicht mehr so nah wie zu WG-Zeiten, aber wir waren immer noch in Kontakt – und es gab durchaus immer mal wieder ein paar Reibereien. Und dann: Stille. Nichts mehr, keine Antwort auf die eine Nachricht, auch die Nachfrage blieb unbeantwortet. Einfach so. Ohne, dass es vorher gekracht hätte. Irgendwann löschte ich die Nummer aus meinem Handy und die Fragen aus meinem Kopf, ob ich etwas falsch gemacht habe. Das ist nämlich das Fiese am Ghosten, egal, ob freundschaftlich oder romantisch: Man lässt den anderen im Unklaren.

Eine unerwartete Nachricht

Ja, eine Verbindung zu kappen fällt den wenigsten leicht – ich mache sowas auch nicht gern. Aber ist es nicht fairer, dem anderen offen zu sagen, dass der Kontakt einem nicht mehr guttut, anstatt sie oder ihn einfach zu ignorieren? Andererseits, und da muss ich auch ehrlich sein, habe ich eine abgemilderte Form von Ghosting auch schonmal gemacht: Eine Freundschaft auslaufen lassen. Geantwortet habe ich immer, aber die Nachrichten wurden mit der Zeit spärlicher. Richtig fair war das auch nicht. Das Schöne am Leben: Man lernt dazu. Vor ein paar Tagen erreichte mich eine ganz unerwartete Nachricht von der Freundin von damals. Über den Kontaktabbruch hat sie nicht geschrieben, aber doch eingestanden, damals nicht fehlerfrei gewesen zu sein. Wer ist das schon? Mich hat die Nachricht jedenfalls berührt. Nun schiebe ich das Antworten aber auf, bis ich die richtigen Worte gefunden habe – und muss aufpassen, dass ich sie am Ende nicht selbst ghoste. Ganz aus Versehen.


In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Julia Haller und Katharina Brecht im wöchentlichen Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.

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