Typisch!

Schlaflos in Hildesheim – kann Lärm sinnvoll sein?

Hildesheim - Viele Menschen in der Region Hildesheim leiden dieser Tage unter nervigen Schlafstörungen – dagegen hilft nur knallharte Recherche, meint unser Kolumnist.

Dieser Mann hat einen leichten Schlaf, aber seitdem er das Wort Rottenwarnanlage kennt, kann ihn nichts mehr schrecken. Typisch! Foto: Julia Moras

Hildesheim - Vielleicht hat es ja durchaus Vorzüge, dass für die kommenden zehn Tage Temperaturen wie im April angekündigt sind. Meint zumindest der (deutlich jünger wirkende) 54-jährige Hildesheimer Christian W., der erstens lieber nicht mit vollem Namen in diesem Text auftauchen möchte und zweitens vorhat, wegen der frischen Temperaturen von nun an nächtens sein Schlafzimmerfenster zu schließen. W. wachte neulich, wir wissen das aus sicherer Quelle, mitten in der Nacht auf, weil er draußen einen völlig nervigen Warnton hörte. Es war ein tutiges Tröten, möglicherweise auch ein trötiges Tuten. Immer wieder, und das in seltsamen Intervallen.

Zufalls-Recherche in alten Ausgaben der Zeitung

W. war erst nur schummerig-, dann aber hellwach, weil er versuchte, sich einen Reim auf den Krach zu machen. Schnell kanalisierte er seine Wut auf einen imaginären verachtenswerten Haus- oder Fahrzeugbesitzer in der Nähe, der vermutlich Probleme mit seiner Alarmanlage hatte. Das machte den W. glücklicherweise müde, er schlief ein. In der nächsten Nacht kanalisierte er seine Wut dann auf seine Frau, die ihn mit den Worten geweckt hatte: „Das komische Geräusch ist wieder da!“ In der dritten Nacht schreckte W. erst im Morgengrauen hoch, vergeblich versuchte er ein System in dem Getöse zu erkennen, was sein Hirn derart ankurbelte, dass er lieber gleich aufstand und sich an den Esstisch hockte. Was tun? W. las sich alte HAZ-Ausgaben durch, die er urlaubsbedingt ignoriert hatte. Und siehe da: Der Mann erfuhr, dass er nicht allein war mit seiner Geräuschempfindlichkeit. Er lernte das Wort Rottenwarnanlage kennen, das jene trötende Apparatur beschreibt, die Arbeiter im Gleisbau vor herannahenden Zügen warnt. Und die des Nachts viele Kilometer weit zu hören ist. Was lernen wir daraus? Zeitunglesen bildet. Und es gibt einen guten Krach im schlechten: Möge die Rotte auf den Schienen stets rechtzeitig gewarnt sein!

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