Hildesheim - Neulich hörte ich nach einer gefühlten Ewigkeit mal wieder etwas von einer ehemaligen Kollegin. Die Frau war über etliche Jahre dem Landkreis, ja sogar dem Festland entfleucht. Sie wurde Insel-Redakteurin auf Borkum. Eigentlich habe ich es nicht so mit Neid. Aber da kam er durch. Und zwar gewaltig. Wie schön muss das denn sein? Nach der Arbeit direkt an den Strand, immer etwas Salz auf der Zunge, Sand in den Augen und in den Schuhen. Ja klar, da sind noch die Touristen, die in Massen bestimmt etwas stören können, aber die kaufen schließlich oft auch eine Zeitung.
Arbeiten auf der Insel?
Als ich jedenfalls so über die Vorzüge des Insellebens – also so, wie ich es mir vorstelle – nachdenke, ploppt eine Erinnerung auf...
Ich war schon mal auf Borkum. Ich muss so sieben oder acht Jahre alt gewesen sein. Im Herbst reisten die Eltern mit uns gerne an die Nordsee, weil sie meinten, das raue Klima sei der Gesundheit förderlich. An die Insel kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an eine Episode. Wohl auch deshalb, weil sie über Jahre immer wieder zum Besten gegeben wurde. Als Beleg meiner Trotteligkeit.
Wir gingen damals am Strand entlang. Ostfriesennerz, Gummistiefel. „Nicht so dicht ans Wasser!“, mahnte meine Mutter. Aber den Blick nach unten auf mögliche Muschelfunde gerichtet und auf die Wellen, ignorierte ich ihre Worte. Mütter mahnen ja immer irgendwie. Jedenfalls war es damals noch so. Naja, und dann kam sie, diese eine Welle. Sie schwappte über den Stiefelrand, so dass etwa ein Liter Wasser in meinen rechten Stiefel floss. Um nicht schon wieder eine Predigt zu bekommen, verlor ich kein Wort über den Wasserschaden. Es fiel auch nicht auf. Die Wellen waren laut.
Schwapp, schwapp, schwapp
Auf den Straßen Borkums war es dagegen leise. Meine Mutter blieb stehen, legte den Kopf schief und sagte: „Hört ihr das auch?“ Niemand hörte was. Ich stand ebenfalls, und das Gewässer im Stiefel war still. Ein paar Mal blieb Muttern stehen: „Was ist das nur für ein Geräusch?“ Bis ich es einmal nicht mitbekam, dass alle anderen stehen geblieben waren. Ich trottete weiter. „Schwapp, schwapp, schwapp.“ Bei jedem Schritt ein Geräusch und Wellengang im Schuh. So war’s gewesen, mit dem Nordseewasser in meinem Stiefel. Und mit meiner einzigen Borkum-Erinnerung. Die möchte ich nach 50 Jahren unbedingt auffrischen. Wird Zeit.
