Anzeige

Therapien im interkulturellen Kontext

Dr. med. Markus Borgmann, Stellvertretender Ärztlicher Direktor Chefarzt Zentrum für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen, AMEOS Klinikum Hildesheim

Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Traumafolgestörungen betreffen Menschen unabhängig von Herkunft oder Sprache. Doch gerade Menschen mit Migrationsgeschichte nehmen psychiatrische Hilfe oft spät oder gar nicht in Anspruch – Sprachbarrieren, kulturelle Missverständnisse oder ein anderes Krankheitsverständnis erschweren den Zugang zur Therapie. Genau hier setzt die neue interkulturelle Tagesklinik (ITK) in Hildesheim an.

Tageskliniken stellen einen wichtigen Bestandteil der psychiatrischen Versorgung dar und bieten eine effektive Alternative zur vollstationären Behandlung. Sie richten sich an Patientinnen und Patienten, die einer therapeutischen Unterstützung bedürfen, jedoch keine durchgehende stationäre Aufnahme benötigen. Das tagesklinische Setting verbindet strukturierte Behandlung mit dem Verbleib im häuslichen Umfeld und ermöglicht dadurch eine besonders alltagsnahe Therapie, tagsüber und in der Regel von Montag bis Freitag. So entsteht eine wichtige Brücke zwischen ambulanter Versorgung und vollstationärer Klinikbehandlung.

Psychotherapie lebt vom Vertrauen und Verstehen. Deshalb können Gespräche in der ITK in der Muttersprache geführt werden – sei es Türkisch, Arabisch, Farsi oder Deutsch. Das erleichtert das Ausdrücken von Gefühlen, reduziert Missverständnisse und stärkt die therapeutische Beziehung.

Neben der Sprache wird auch auf kulturelle Aspekte geachtet: Manche Patientinnen und Patienten bringen aufgrund ihrer Herkunft andere Vorstellungen von Krankheit, Scham oder Familie mit. Therapeutinnen und Therapeuten sind für den Umgang mit diesen Unterschieden geschult und integrieren diese Kenntnisse in die Behandlung – ohne Klischees, aber mit Respekt.

Die Therapie basiert auf einem multimodalen Konzept, das individuelle Maßnahmen mit Gruppenangeboten kombiniert. Besondere Angebote aus dem Bereich des Sports oder auch multikulturelles Kochen ermöglichen neue Zugänge – auch jenseits von Sprache. So können auch jene Patientinnen und Patienten profitieren, denen die verbale Auseinandersetzung schwerfällt.

Sprachliche und kulturelle Durchmischung von Gruppen fördert gegenseitiges Verständnis und baut Vorurteile ab. Gemeinsame Mahlzeiten, bei denen zusammen gekocht wird, bieten Raum für Begegnung. Hier wird deutlich: Unterschiedliche Herkunft bedeutet nicht Trennung – im Gegenteil, sie kann bereichern.

Ziel ist es, Symptome zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Alltagsbewältigung zu stärken – sei es in der Familie, im Beruf oder im gesellschaftlichen Leben. Durch die kultursensible und sprachlich angepasste Therapie in der ITK des Hildesheimer AMEOS Klinikums werden Versorgungslücken geschlossen – für eine Psychiatrie, die alle erreicht.

Dr. med. Markus Borgmann