Die Augen jucken und tränen immer wieder, die Nase läuft ununterbrochen, dazu kommen Niesattacken oder sogar nächtliche, schlafraubende Hustenanfälle: Der Körper reagiert überempfindlich auf eigentlich harmlose Stoffe wie Blütenpollen. Für Betroffene ist das oft eine große Belastung.
Und Allergien sind auf dem Vormarsch: Nach Angaben des Helios Klinikums Hildesheim leiden 15 bis 40 Prozent der Menschen in Zentraleuropa an Allergien. Schätzungen des Robert Koch-Instituts zufolge sind es allein in Deutschland etwa zwölf Millionen Menschen mit Heuschnupfen.
Glücklicherweise gibt es zahlreiche Medikamente in Tabletten- oder Sprayform sowie Augentropfen, die Beschwerden lindern oder deutlich reduzieren können. Wichtig ist außerdem, Allergien insbesondere bei stärker ausgeprägten Symptomen ernst zu nehmen – bevor sich daraus lebensbedrohliche Zustände entwickeln, etwa wenn Heuschnupfen über die Nase in die Lunge „die Etage wechselt“ und gefährliches Asthma auslöst. Zur Vorsicht rät der Chefarzt der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Helios Klinikum Hildesheim, Prof. Dr. Michael Tronnier.
Der Klimawandel mit seinen höheren Temperaturen, der längere Blütezeiten bewirkt, und Feinstaub durch Umweltverschmutzung führen laut dem Chefarzt dazu, dass Pollenallergien immer häufiger auftreten. Zudem verstärken der Klimawandel und die Globalisierung diesen Trend, erklärt der Facharzt für Hautkrankheiten. So gelangten beispielsweise Ambrosia-Samen aus Nordamerika nach Europa. „Vor 20 oder 30 Jahren hätte sich diese Pflanze hier kaum etablieren können“, so der Experte.
Ambrosia, auch Beifußblättriges Traubenkraut genannt, kann heftige Symptome auslösen – etwa tränende, brennende, juckende und gerötete Augen, trockenen Husten sowie Atembeschwerden bis hin zu Luftnot. Wer solche Beschwerden hat, sollte schnell einen Arzt aufsuchen. Dieser kann die passende Therapie empfehlen, so der Allergologe.
Auch eine „Desensibilisierung“ kann hilfreich sein: Dabei werden kleine Mengen der allergieauslösenden Substanzen – etwa in Tablettenform – verabreicht, um das Immunsystem langsam daran zu gewöhnen. Diese Therapie muss jedoch immer sorgfältig von einem Arzt oder einer Ärztin geprüft werden, rät Tronnier. Allerdings ist nicht bei allen Allergien eine Desensibilisierung möglich, zum Beispiel nicht bei Katzenallergie.
Auch Allergien gegen Insektenstiche, etwa von Wespen, nehmen laut dem Dermatologen zu: „Das ist sehr gut denkbar.“ Solche Stiche können bei Betroffenen lebensbedrohliche Reaktionen auslösen.
Grundsätzlich gilt: Allergenen aus dem Weg gehen, also den Kontakt zu den auslösenden Stoffen vermeiden. Das kann Schimmel in der Wohnung sein, aber auch Hautkontakt mit Nickel, der allergische Symptome hervorrufen kann.
Die Nickelallergie gilt laut dem Chefarzt als „Klassiker und Blockbuster“ unter den Allergien. Etwa jeder fünfte bis zehnte Mensch in Deutschland leidet laut Allgemeiner Ortskrankenkasse (AOK) daran. Was hilft? Auch hier gilt es, den Kontakt zu meiden – was für Betroffene oft schwierig ist, da Nickel in kleinsten Mengen nahezu überall enthalten ist. Oft hilft es bereits, bestimmten Schmuck, der direkt auf der Haut aufliegt, nicht mehr zu tragen.
Generell empfiehlt der Experte, bei Allergiebeschwerden ärztlichen Rat zu suchen und sich nicht auf „Dr. Google“ zu verlassen: „Wir schätzen es sehr, wenn Patienten gut informiert sind – das ist ihr gutes Recht. Aber im Internet kursieren gerade zum Thema Allergien teilweise sehr problematische Informationen.“ Er warnt ausdrücklich vor unkritischer Nutzung. So habe er etwa Patienten gesehen, die aufgrund von Internet-Tipps sehr einseitige Diäten gemacht hätten, die ihnen mehr schadeten als nützten.
Gegen Allergien gibt es zahlreiche bewährte Mittel, auch zur Vorbeugung. Laut dem Chefarzt ist es sinnvoll, sich an Pollenkalendern zu orientieren, um Beschwerden möglichst zu vermeiden.
Und: Es ist vor allem für kleine Kinder sehr hilfreich, wenn sie früh und regelmäßig mit der Natur in Kontakt kommen und viel draußen im Grünen spielen. So kann das Immunsystem unter Umständen besser an Pollen gewöhnt werden, die an sich unschädlich sind.
Alexander Raths