Kolumne: Echt jetzt!

Wie die erste Schulnote in Kunst einem Kind im Kreis Hildesheim die Freude am Malen verdirbt

Hildesheim - Ist das Kunst oder kann das weg? Über die Sinnhaftigkeit von Schulnoten kann man endlos diskutieren. Bei kreativen Fächern wird es besonders schwierig – wie ein Beispiel aus dem südlichen Landkreis Hildesheim zeigt.

Laut einer aktuellen Studie fühlt sich heute jedes fünfte Kind starkem Druck ausgesetzt. Sobald in der dritten Klasse die Schulnoten starten, wundert sich manch Erwachsener nicht mehr, warum. Foto: HAZ

Hildesheim - Die Grundschulzeit bringt viel Neues und große Veränderungen für Kinder mit sich. Freunde finden oder verlieren, Klassengemeinschaften bilden, still sitzen, Lehrer kennenlernen: Schon die erste Klasse hat es in sich. In der dritten Klasse gibt es zusätzlich Noten, Leistungen werden klar bewertet. Über die Sinnhaftigkeit könnten wir abendfüllend diskutieren, für mich gelten Zensuren oft zu Recht als ungerecht, beliebig und nicht vergleichbar. Eine besondere Dimension erreicht das Thema in kreativen Fächern, zum Beispiel im Fach Kunst.

Ist das Kunst?

Jüngst saß ich mit einem Kind zusammen, wir plauderten über dies und das. Auch über die dritte Klasse, die es besucht. Die Schule macht jenem Kind Spaß, es geht gern dorthin. Was die plötzliche Benotung aber mitunter für Druck und Enttäuschung erzeugt, wird oft unterschätzt. Das spürte ich in dem Moment, als das Kind plötzlich sagte, in Kunst laufe es nicht so gut. Sofort zitterte seine Unterlippe, und da brach auch schon ein Schluchzen aus ihm heraus, der ganze Körper bebte. An dieser Stelle könnte ich noch berichten, dass das Kind mit Leidenschaft malt, seit es einen Stift halten kann. Bloß das Tier, das es nun in Kunst aufs Papier gebracht hat, das gefiel der Lehrerin nicht. So zumindest hat es das Kind verstanden. Die erste Kunstnote seines Lebens ist eine 3 mit einem Minus. Kreativität ist etwas so Wichtiges, doch was nimmt das Kind nun mit? Es selbst sagt: „Ich kann wohl nicht gut malen.“ Der Gefühlsausbruch zeigt derweil, was solche Bewertungen und Schlussfolgerungen auslösen können.

Der Druck und die Folgen

Neulich las ich von einer Studie, nach der sich heute jedes fünfte Kind starkem Druck ausgesetzt fühlt. Wer nun ruft, dass Kinder eben von Eltern verhätschelt und verweichlicht seien und früher alles besser funktioniert habe: Nein, das ist unwahr. Laut Experten gab es diese Probleme auch früher, man sprach bloß nicht darüber. Gründe für Druck sind natürlich vielfältig und nicht bloß rund um Schulnoten zu finden. Aber wir Erwachsenen, wir sollten bei diesen Dingen wachsam sein.

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