Für viele Patientinnen und Patienten ist dieses Gerät die einzige Überlebenschance. Während der Corona-Pandemie ist es weltweit verstärkt zum Einsatz gekommen. Das Gerät ECMO (Extrakorporale Membranoxygenierung) funktioniert wie eine künstliche Lunge – vorübergehend. Dr. Christian Theis ist Ärztlicher Direktor am Helios Klinikum in Hildesheim. Er setzt das Gerät seit vielen Jahren erfolgreich ein.
Auf den ersten Blick ist ECMO unscheinbar. Es sieht aus wie irgendein Gerät im Krankenhaus, an dem man einfach vorbeigehen würde, ohne sich etwas dabei zu denken. Es wiegt nicht viel, ist transportabel und könnte zum Beispiel auch im Hubschrauber genutzt werden. Aber dieses unscheinbare Gerät rettet Leben – jeden Tag auf der Welt. Dr. Theis sagt: „Die ECMO kann Organfunktionen temporär ersetzen – insbesondere bei Menschen mit akutem Lungen- oder Herzversagen.“
- Prozedur erfordert viel Erfahrung
Bei der ECMO wird das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert und von Kohlendioxid befreit. Dafür müssen spezielle Zugänge – sogenannte großlumige Kanülen – in zentrale Gefäße eingeführt werden. Die Prozedur erfordert ein hohes Maß an medizinischer Expertise und Erfahrung. Über eine Kanüle wird das venöse Blut aus dem Körper geleitet, in einem Gasaustauscher mit Sauerstoff angereichert und über eine zweite Kanüle zurückgeführt.
„Die ECMO ist keine Standardmaßnahme – sie kommt bei Patientinnen und Patienten mit lebensbedrohlichem Organversagen zum Einsatz“, betont Dr. Theis. Sie wird zum Beispiel bei schweren Lungenentzündungen oder fulminanten Herzinsuffizienzen benötigt – also in extrem kritischen Situationen.
- „Sie verschafft uns Zeit“
Wie lange die Patientin oder der Patient am Gerät angeschlossen ist, variiert: Bei komplexen chirurgischen Eingriffen kann die künstliche Lunge kurzfristig genutzt werden – zum Beispiel für wenige Stunden. In anderen Fällen bleibt sie über Wochen in Betrieb. „Sie verschafft uns Zeit“, erklärt Dr. Theis. Zeit, damit Medikamente wirken können oder sich ein Organ regeneriert – oder um chirurgische Eingriffe überhaupt zu ermöglichen. Große Bekanntheit hat die künstliche Lunge während der Corona-Pandemie erlangt. Corona-Erkrankte mit besonders schweren Verläufen sind mit ECMO behandelt worden – nicht überall auf der Welt hat es genügend Geräte gegeben. „Seitdem ist das Verständnis für diese komplexe Therapieform gewachsen. Wir müssen heute seltener erklären, warum sie notwendig ist“, sagt der Chefarzt.
- Zwei Geräte am Klinikum Hildesheim
Am Helios Klinikum gibt es zwei ECMO-Geräte. Seit Ende 2022 kommen sie zunehmend zum Einsatz. Darauf ist Dr. Theis stolz: „Wir verstehen uns als überregionales Zentrum – und denken in einem Versorgungskonzept, das über die Stadtgrenzen hinausgeht.“ Dieses Jahr rechnet er mit 25 Patientinnen und Patienten in Hildesheim, die ECMO benötigen – eine vergleichsweise hohe Zahl. Nicht jedes Krankenhaus besitzt solch ein Gerät. Das liegt an einigen Herausforderungen, die es mit sich bringt. Schon in der Anschaffung ist die künstliche Lunge mit intensiven Kosten verbunden. Dazu kommt ein hoher Wartungsaufwand. An dem Gerät hängt nicht weniger als ein Menschenleben – darum muss es regelmäßig gewartet werden. Hinzu kommt ein hoher logistischer Aufwand. Das Gerät hat eine Standzeit von 30 Tagen. Darum sind in Hildesheim auch beide künstliche Lungen zirkulierend im Einsatz.
- Umfassende Aufklärung wichtig
Alle, die mit ECMO arbeiten, müssen gut geschult sein. „Das ist nichts für Anfänger. Die Therapie gelingt nur mit viel Erfahrung und einem verlässlichen Zusammenspiel aus Ärztinnen, Ärzten, Pflegekräften und Technik“, so Dr. Theis. Der Chefarzt betont auch, dass das für alle Tätigkeiten im Klinikum gilt: „Medizin ist Teamarbeit.“ Bevor ECMO bei einem Patienten angewendet wird, müssen die Angehörigen richtig informiert werden. Sie werden über Erfolgs- und Misserfolgswahrscheinlichkeiten aufgeklärt. Es kommt aber stark auf den Patientenwillen an. Die Risiken bei der ECMO-Therapie sind insbesondere technischer und mechanischer Natur – doch die Chancen, Leben zu retten, sind erheblich.
- Ausstellung in der Arneken-Galerie
Dr. Theis und sein Team haben das ECMO-System in einem Popup-Store in der Arneken-Galerie vorgestellt. Dort haben Interessierte Einblicke in die Funktionsweise der künstlichen Lunge bekommen. Sie haben sich das Gerät angeschaut, Dr. Theis Fragen gestellt und bestimmte Handgriffe selbst ausprobiert. Das Klinikum hat das Format auch live über Social Media gestreamt.
Pascal Wienecke