Hildesheim - Wie riecht wohl Frauenhass, liebe Katharina? Ich gebe zu: komische Einstiegsfrage. Folgendes ist passiert: Amelia Mary Louks, eine Doktorandin der angesehenen Cambridge-Universität, an der einst Stephen Hawking studierte, ist derzeit ziemlich stolz auf sich selbst. Kann sie auch sein, immerhin hat sie ihre Doktorarbeit in Englischer Literatur erfolgreich bestanden. Ihr Thema: Wie Gerüche in englischer Literatur genutzt werden – und welche Rückschlüsse sich dadurch auf die Gesellschaft ziehen lassen.
Manche verbinden die Arbeiterklasse etwa mit billigem Parfüm, es gibt Gerüche, die bestimmten Ethnien diskriminierend zugeschrieben werden. Und so weiter. Mein erster Gedanke, als ich von ihrer Arbeit las: „Ach, spannend, noch nie drüber nachgedacht!“ Das war allerdings nicht bei allen so. Der Post mit dem Foto, auf dem Louks mit glücklichem Lächeln ihre Doktorarbeit in den Händen hält, geht viral. Sie bekommt Kritik von allen Seiten – sie verschwende Geld, beschäftige sich mit irgendwelchen Nischen-Themen, die überhaupt niemandem etwas bringen. Außerdem habe sie Krähenfüße und keine Kinder, ja, was fängt die überhaupt mit ihrem Leben an? Einer schrieb ihr per Mail, sie sei ein perfektes Beispiel für alles, was in der heutigen Zeit falsch laufe. Ihren Unfug will er ihr mit einigen seiner Jungs austreiben – per Vergewaltigung. Wie viel Hass können Menschen in sich tragen, sowas überhaupt zu denken, geschweige denn der Person solche Nachrichten zu schicken?
Ein Trost
Es sind Reaktionen, mit denen auch Louks nicht gerechnet hätte. Es ist ein schwacher Trost, liebe Katharina, aber es ist einer: Während die Aufrufe der Arbeiten ihrer Kollegen und Kolleginnen an der Fakultät maximal dreistellig sind, liegen die Aufrufe ihrer Doktorarbeit mittlerweile bei fast 12.000. Und ja: Einer davon war ich.
In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.