Hildesheim - „Du bist doch noch gar nicht alt“, sagte neulich jemand zu mir, als ich von einer Sache erzählte, die ich „schon mein ganzes Leben lang“ so mache. Es stimmt natürlich: Mit 30 Jahren bin ich nicht alt. Aber eben auch nicht mehr ganz jung, oder, Julia? In unserem Lebensabschnitt merken wir doch alle, dass wir eben nicht mehr Anfang 20 sind, und sich vieles verändert hat. Wir haben andere Werte, andere Vorstellungen vom Leben und ganz andere Verantwortungen als damals. Und das gilt nicht nur fürs große Ganze – ich merke das auch an Kleinigkeiten.
Zum Beispiel, dass mich plötzlich Putz-Reels interessieren und ich mich für Küchengeräte begeistern kann. Und schlendere ich durch Modeläden, erwische ich mich manchmal bei dem Gedanken: „Nee, dafür bist du zu alt.“ Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sich eine Shoppingtour momentan anfühlt wie eine Zeitreise zurück in die 2000er: Überall Mini-Miniröcke, tief sitzende Jeans und Tube Tops mit Sternen aus Glitzersteinchen drauf. Bin ich nicht bereit für, Julia. Aber auch das gehört ja zum Älterwerden: Man muss nicht mehr jeden Trend mitmachen – zum Glück. Und andererseits kommen Looks zurück, die ich nie loslassen konnte, wie Skinny Jeans und Adidas Superstars. Praktisch, jetzt bin ich von alleine wieder ganz angesagt unterwegs.
Dieser Cocktail ist zurecht in der Versenkung verschwunden
Andere Dinge gehören wiederum zurecht der Vergangenheit an, wie meine beste Freundin und ich kürzlich feststellten. Auf der Suche nach einem Absacker steuerten wir neulich ein Lokal an, das wir in unseren frühen Zwanzigern häufig besuchten. Nicht, dass es da besonders gut geschmeckt hätte – es gab eine Happy Hour, und das war damals eigentlich der einzige Grund für die Bar-Wahl, da praktisch fürs schmale Portemonnaie. Als wir nun nach etlichen Jahren Pause dort einkehrten, gab es beim Blick auf die Getränkekarte den nächsten Flashback: ein Cocktail, der uns an die guten, alten Zeiten erinnerte. Wir entschieden uns für das Gemisch – und bereuten es sofort. Weder schmeckte das brennende, klebrige Zeug, noch kam es bei unseren Körpern sonderlich gut an. Na ja, vielleicht sind wir jetzt einfach zu alt dafür.
In der Kolumne „Unter uns“ schreiben die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im Wechsel über Themen, die nicht nur Frauen um die 30 bewegen.