Hildesheim - Wimmelt es in deinem Instagram-Feed auch von Coachella-Posts, liebe Julia? Das Festival in der kalifornischen Wüste ist eines der bekanntesten weltweit, das Who is Who der Influencerinnen und Influencer gibt wie jedes Jahr allerlei Einblicke, wie spaßig es dort ist. Dass das nicht immer der Wirklichkeit entspricht, ist längst kein Geheimnis mehr. Doch nun scheint es den Trend zu geben, dass immer mehr Leute das Coachella „deinfluencen“ – also: drüber aufklären, dass es gar nicht so toll ist.
Da wären zum Beispiel die ausgefallenen Outfits. Sehen zwar klasse auf den Fotos aus – eine Influencerin berichtet aber, dass es bei ihrem Festival-Besuch viel zu kalt für das Strick-Set war, das sie trug. Länger als fünf Minuten hatte sie es in Wahrheit nicht an, stattdessen einen stinknormalen Pulli. Vorbei war’s mit dem sexy Look. Außerdem ist alles unverschämt teuer: Ein Tagesticket kostet 600 Euro, hinzu kommen noch Anreise, Unterkunft und Verpflegung. Auch die ist nicht gerade ein Schnapper: Allein für Pommes muss man 18 Euro, für drei Tacos 30 Euro blechen. Hui! Wer bei 38 Grad einen Schattenplatz ergattern will, kann das zudem nur mit einem VIP-Ticket für schlappe 1.400 Euro. Und übrigens: Um auf den Coachella-Campingplatz zu kommen, für den man zwischen 160 und 650 Dollar zahlt, warteten einige Besucher bis zu zwölf Stunden lang. Ohne Toiletten, ohne Benzin, und vielen sei auch das Wasser ausgegangen.
Kurz kommt doch FOMO auf
Ganz ehrlich: Ich habe wirklich gar keine Angst, irgendwas zu verpassen, wenn ich nicht auf diesem Festival bin. Und doch habe ich die Leute, die dort waren, für einen kurzen Moment beneidet. Als mir der Algorithmus nämlich nach vielen Outfit-Posts der Influencer endlich Videos gezeigt hat, die mich wirklich interessieren: Den Auftritt von Lady Gaga. Sie hat auf dem Coachella unter anderem zwei Lieder von ihrem neuen Album gesungen, die ich seit Wochen in Dauerschleife höre, und bei „Shallow“ habe ich Gänsehaut bekommen. Aber trotzdem: Den Coachella-Stress wäre mir das nicht wert. Da warte ich lieber auf eine andere Möglichkeit, Lady Gaga live zu sehen – am besten, ohne ein Vermögen auszugeben, bei angenehmeren Temperaturen und mit Toiletten drumherum.
In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im Wechsel über Themen, die nicht nur Frauen um die 30 bewegen.
