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Lebensretter, weltbeste Oma, geduldige Freundin: HAZ-Leser aus Hildesheim und dem Kreis danken ihren Alltagshelden 2025

Hildesheim - Manchmal reicht ein Dank allein fast nicht aus, so viel leisten Menschen mitunter in ihrem Alltag. Deshalb wollte die HAZ wissen: Wer ist Ihr größter Held 2025? Drei besonders rührende Geschichten der Leserinnen und Leser.

Nicht nur zu Pandemiezeiten sollte man Alltagshelden applaudieren – sondern viel öfter. Foto: Oliver Berg/dpa

Hildesheim - Es muss keine große Geste sein, die den eigenen Alltag plötzlich aufhellt. Die einem inmitten schlechter Nachrichten und einer instabilen Weltlage das Gefühl gibt: Was auch immer geschieht – auf diesen einen Menschen kann ich mich stets verlassen. Vielleicht ist es ein Familienmitglied, das mit einem anderen durch Dick und Dünn geht, vielleicht ist es auch die unverhoffte Begegnung mit einem hilfsbereiten Fremden, an die man sich immer wieder erinnert. Alltagshelden gibt es in vielen Facetten. Drei Geschichten von HAZ-Leserinnen und Lesern.

Eine Oma, deren Fürsorge keine Grenzen kennt

Ohne ihre Oma geht nichts: Jana Plaschke ist 23 – und hat ihr Leben lang in ihrer Großmutter Edith Brett Halt, Liebe und Fürsorge gefunden. „Meine Oma ist inzwischen 93 Jahre alt und der Mittelpunkt unserer Familie“, sagt Jana Plaschke. „Sie ist für alle da, ganz selbstverständlich, ohne große Worte. In ihrer Nähe fühlt man sich verstanden und angenommen.“ Dabei ist so eine bedingungslose Akzeptanz bei Kindern, vor allem bei Teenagern, bekanntlich oft nicht leicht – doch Jana, die im Alter von 14, 15 Jahren einige Zeit bei ihrer Oma lebte, war ihr auch in dieser Phase immer sehr nah, wie sie sagt.

Besonders gern erinnert sie sich an die kleinen Gesten aus dieser Zeit, sagt Jana Plaschke: „Oma hat mir immer Frühstücksbrote für die Schule gemacht. Und wenn ich aus dem Haus ging, stand sie da und hat mir hinterhergewunken.“

Die Enkelin weiß, dass es Edith Brett als junge Frau selbst nicht leicht hatte. „Sie erzählt oft Geschichten von früher“, sagt Jana Plaschke. Anfang der 1930er-Jahre kam sie zur Welt, erlebte den Krieg in Bad Salzdetfurth und im Alter von zwölf Jahren die Kinderlandverschickung – deren Sinn war allerdings nicht nur der Schutz der Kinder vor den Bomben, wie es vom Nazi-Regime offiziell behauptet wurde. Weitab von Elternhaus und kirchlichem Einfluss sollten sie auch im Sinne des Nationalsozialismus umerzogen werden.

Mit 14 hat Edith Brett angefangen zu arbeiten, im Bernward Krankenhaus war sie unter anderem auf der Frühchenstation tätig. Die Pflege blieb ihr Beruf, doch noch wichtiger war immer die Familie: die Kinder, die sieben Enkel und inzwischen vier Urenkel. „Sie ist eine unglaublich starke Frau“, sagt Jana Plaschke. „Trotz allem, was sie erlebt hat, sieht sie immer das Gute im Leben und in den Menschen. Ihre Großzügigkeit kennt keine Grenzen, ihr Verständnis ist tief und ehrlich.“ Sie höre zu, urteile nicht und finde immer die richtigen Worte. Ob es um einen kleinen Streit zwischen Geschwistern geht, um Liebeskummer oder um das fehlende Geld für die Führerscheinprüfung – ihre Oma Edith geht mit Jana Plaschke durch Dick und Dünn.

Und so, sagt die 23-Jährige, ist ihre Großmutter eigentlich nicht nur ihre Alltagsheldin des Jahres – sondern Heldin ihres ganzen Lebens. „Für uns ist sie Herz und Zuhause zugleich. Eine Oma, die unsere Familie zusammenhält und deren Liebe uns immer begleitet.“

Mit Mut und Bauchgefühl ein Leben gerettet

„Mein Vater, Sören Siedlaczek, engagiert sich ehrenamtlich als Vorsitzender eines Sportvereins“, sagt Jule Siedlaczek. Dort, beim SV Eintracht Bad Salzdetfurth, hat er sich mit einem älteren Vereinskollegen angefreundet. Und wie es dann eben so ist: Man kennt die Gewohnheiten, die Lebensumstände des anderen. „Anfang des Jahres wurde mein Vater hellhörig, als er erfuhr, dass der Mann zu einem Treffen an Silvester nicht erschienen war und seitdem auch nicht mehr auf Telefonanrufe reagierte“, erzählt seine Tochter.

Zwar kam es mal vor, dass sich der Vereinskollege gelegentlich ein bis zwei Tage nicht meldete. Doch irgendwas schien Sören Siedlaczek an der Sache merkwürdig. Zumal er wusste, dass der Mann keine Verwandten hatte und auch keine engen Freunde, denen sein Verschwinden hätte auffallen können. Also machte er sich auf den Weg, um selbst nach dem Rechten zu sehen. „Ohne zu zögern fuhr mein Vater zu ihm“, sagt Jule Siedlaczek. Er klingelte an der Tür: nichts. Klingelte noch einmal: wieder nichts. Auch rund ums Haus konnte er kein Lebenszeichen entdecken. Da gab er seinem Bauchgefühl nach – und alarmierte die Polizei.

Die kam und rief gleich noch die Feuerwehr hinzu, um die Haustür zu öffnen. Drinnen lag der Mann – im Badezimmer auf dem Boden, wo er aufgrund eines Schlaganfalls gestürzt war. Die Hilfe erreichte ihn im letzten Moment. „Wäre mein Vater nicht so aufmerksam gewesen, hätte der Mann vermutlich nicht überlebt“, sagt Jule Siedlaczek.

Dank der Hilfe von Sören Siedlaczek aber wurde er ins Krankenhaus gebracht, wo er längere Zeit bleiben musste, anschließend ging es für ihn in die Reha. „Ich finde es äußerst bewundernswert, wie aufmerksam mein Vater war, dass er ohne zu zögern gehandelt und genau die richtige Entscheidung getroffen hat“, sagt seine Tochter. „Für mich ist er der Held des Jahres.“

22-mal um die Welt für die Liebe

Ihrer großen Liebe begegnete Martina Edmunds-Jones 2004. Da war sie bereits Mutter einer Tochter und setzte eigentlich nicht allzu viel auf die Kontaktanzeige, die sie aufgab. Aber vielleicht war es ja einen Versuch wert. Doch dann lernte sie genau darüber Claudia Schnalke kennen – und der Rest, könnte man fast sagen, ist Geschichte. Die beiden Frauen waren fortan unzertrennlich. „Und zum Glück haben es auch unsere Familien gut aufgenommen, als wir ihnen jeweils sagten: Ich liebe eine Frau.“

Das Glück hatte eigentlich nur einen Haken, sagt Martina Edmunds-Jones: „Das war die räumliche Distanz.“ Nach einem Jahr zog Claudia Schnalke zwar schon zu ihrer Freundin nach Bad Salzdetfurth, sodass die beiden zusammensein und von nun an den Alltag teilen konnten. Dafür musste sie aber nun jeden Tag über 70 Kilometer zur Arbeit fahren. Und 70 Kilometer wieder zurück. Sie arbeitete im VW-Werk in Hannover-Stöcken, dem Hauptsitz von Volkswagen Nutzfahrzeuge – und das liegt im nordwestlichsten Zipfel der Stadt, also unter allen hannoverschen Stadtteilen der abgelegenste, wenn man aus Richtung Bad Salzdetfurth kommt.

Jeden Tag ging es für Schnalke nun über die A2 und die A7, immer zu Zeiten, zu denen Tausende andere ebenfalls pendelten. „Diese Strecke ist ein wahnsinniger Zeitfresser“, sagt Martina Edmunds-Jones, „und es tut mir bis heute unendlich leid, wie lange Claudia manchmal gebraucht hat, um zur Arbeit oder wieder zurückzukommen, wie viele Stunden sie da im Stau stand.“ Doch von ihrer Frau hörte sie nie eine Beschwerde. „Sie hat das über 20 Jahre lang gemacht, damit wir beide zusammen sein können“, sagt Edmunds-Jones, „allein dafür bin ich ihr unendlich dankbar. Sie ist meine Heldin.“

Inzwischen ist Claudia Schnalke, Jahrgang 1966, pensioniert. Die beiden Frauen haben in der Altstadt von Bad Salzdetfurth ein Haus gekauft. Hier, sagt Martina Edmunds-Jones, wollen sie nun bleiben. Aus Spaß haben die beiden mal ausgerechnet, auf welche Gesamtstrecke sich die tägliche Route zur Arbeit summiert hat. Hat ein Jahr rund 312 Arbeitstage, an denen man 140 Kilometer fährt, wären das in 20 Jahren 873.600 Kilometer. Macht knapp 22 Erdumrundungen. Jede für die Liebe.

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