Hildesheim - Neues Jahr, neues Ich, liebe Julia? Ich weiß nicht, ob es an meiner 30-jährigen Lebenserfahrung liegt, oder daran, dass ich doch eher Realistin als Optimistin bin – aber dass ich große Hoffnungen in einen neuen Jahresbeginn gesetzt habe, ist schon lange her. Auch, wenn das praktisch wäre: Nur, weil 2024 vorbei ist, heißt es nun mal nicht, dass auf magische Weise von einem Tag auf den anderen alles besser, oder man selbst ein anderer Mensch wird. Dass man die heißgeliebten Nudeln wegen der vielen Kohlenhydrate plötzlich verabscheut, über Nacht zur Sportskanone wird, oder man endlich das Rauchen sein lässt. Dass Dinge, mit denen man hadert, einem auf einmal leichtfallen, körperliche Beschwerden verschwinden, oder man endlich mit etwas abschließen kann, das einen seit Langem belastet. Von der Weltlage will ich gar nicht erst anfangen, die lässt positive Gedanken an die Zukunft ohnehin nicht aufkommen.
Aber es ist ja nun mal so, dass ein Jahr nie nur schlechte, sondern auch immer wieder gute Momente bereithält. Mich mal bewusst auf die positiven zu konzentrieren, hat mich auf die letzten Meter versöhnlich mit dem vergangenen Jahr gestimmt, das so viele Ups and Downs hatte. Das passierte, du wirst lachen, ausgerechnet beim Erstellen meines Jahresrückblicks. Genauer gesagt: Meiner beiden. Denn es gibt einen „echten“ für mich selbst, und einen für Instagram – klar, da habe auch ich nur schöne Momente reingepackt. Auch, wenn es nur die halbe Wahrheit ist: Als ich da saß, und die tollen Seiten von 2024 sah, hat mich das sehr dankbar gestimmt. Wahnsinn, was ich alles erlebt habe, wie viele tolle Tage da doch waren, und wer an meiner Seite stand. Und, was man zwar von außen nicht sieht, aber mir bewusst ist: Hinter den meisten Fotos steckt doch eh so viel mehr. Geschichten, Gefühle – zum Teil waren die Bilder sogar verbunden mit weniger schönen Dingen aus dem „echten“ Jahresrückblick. Dieser zeigte mir wiederum, dass die Balance die ganze Geschichte ausmacht. Und: Dass es immer weitergeht, und wieder bessere Tage kommen – auch, wenn es manchmal länger dauert, als man sich wünscht. So ist das eben: Auch 2025 wird kein Jetzt-ist-alles-anders bringen, sondern ein Tag-für-Tag-ein-bisschen-mehr. Und an manchen Tagen bleibt man auch mal stehen oder es geht rückwärts. Aber dann ziehen die Freundinnen einen eben wieder durch – genau wie schon im letzten Jahr.
In der Kolumne „Unter uns“ schreiben sich die HAZ-Redakteurinnen Katharina Brecht und Julia Haller im Wechsel über Themen, die Frauen um die 30 bewegen.