Kolumne Gefundenes Fressen

Wo selbst Millionäre zu Tellerwäschern werden

Hildesheim - In London gibt es ein Café, da bezahlen die Gäste nicht ihr Essen und ihre Getränke, sondern die Zeit, die sie dort verbringen. Ein Modell auch für Hildesheim? HAZ-Kolumnistin Kathi Flau meint: klar!

Die Kolumne Gefundenes Fressen erscheint jeden Montag in der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung. Foto: HAZ

Hildesheim - Sie haben es vielleicht schon gelesen, denn Sie sind ja die Leserinnen und Leser: Unser Gastro-Newsletter HAZgeschmeckt?! ist unlängst ein Jahr alt geworden. In dieser Zeit haben wir in Hildesheim und Umgebung vieles entdeckt, was uns vor Staunen die Kinnlade runterklappen ließ: winzige Küchen, Riesenküchen, irre Köche, klasse Rezepte, Traditionelles, Experimentelles, pfiffige Imbisse, todschicke Restaurants, süße Cafés, einfach alles. Die Welt in Hildesheim. Eines aber fanden wir nicht: ein Café, bei dem die Gäste nicht ihr Essen und die Getränke bezahlen, sondern die Zeit, die sie dort verbringen.

Eine Stunde reicht doch locker für zwei Steaks

Wie im „Café Ziferblat“, das es unter anderem in London gibt. Die Minute kostet umgerechnet 8 Cent, macht pro Stunde 4,80 Euro. Kein schlechtes Angebot, oder? Eine Stunde reicht locker, um zwei Steaks mit Pommes zu verschlingen, dazu zwei Gläser Wein zu trinken und vielleicht noch einen Espresso hinterher. Man könnte der Bedienung 5 Euro geben und dabei wie ein dämlicher Filmmillionär sagen: „Neenee, Püppi, schon gut. Stimmt so.“

Genau das stimmt eben nicht. Das Zeitcafé ist mehr so eine Art Aufenthalts- und Arbeitsraum in WG-Atmosphäre. Es gibt keine Speisekarte, sondern die Option, sich ein Marmeladenbrot zu schmieren und einen Tee zu kochen. „Manche Gäste kommen mit falschen Erwartungen“, sagt der Inhaber. „Sie erwarten Kuchen und Service und sind enttäuscht, wenn sie sogar ihren Abwasch selbst machen müssen“. Die meisten aber sind offenbar begeistert: Der Mann hat bereits elf Filialen des „Café Ziferblat“ in Europa eröffnet. Wann nur, wann wird er nach Hildesheim kommen? Auch hier wollen Millionäre zu Tellerwäschern werden!

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