FAQ rund ums Hochwasser

Hochwasser im Landkreis Hildesheim: Die wichtigsten Antworten, Prognosen – und Tipps, wie jeder helfen kann

Kreis Hildesheim - Seit dem 23. Dezember befinden sich weite Teile des Landkreises Hildesheim wegen des drohenden Hochwassers nahezu im Ausnahmezustand. Viele Bürger und Bürgerinnen haben Fragen rund ums Thema. Hier sind die Antworten.

In Sarstedt spitzt sich sich Hochwasserlage weiterhin zu, Feuerwehren und THW sind mit hunderten Kräften im Einsatz. Dazu gibt es einiges zu wissen Foto: Chris Gossmann

Kreis Hildesheim - Seit dem 23. Dezember befinden sich weite Teile des Landkreises Hildesheim im Ausnahmezustand. Anhaltende Regenfälle, Unmengen von Wasser aus dem Harz, steigende Flusspegel vor Ort – die Angst vor Hochwasser war und ist deutlich spürbar. In einigen Kommunen hat sich die Situation stabilisiert, in anderen spitzt sie sich in den kommenden Stunden noch weiter zu. Weihnachten hin oder her – das Thema beschäftigt weiterhin einen Großteil der Bevölkerung in der Region. Und viele haben Fragen dazu. Die Redaktion der HAZ hat die wichtigsten aufgegriffen und beantwortet:

Wo sind am Dienstag die Krisengebiete im Landkreis?

Ganz klar in Sarstedt, vor allem in Ruthe, sagt Kreisbrandmeister Mathias Mörke. Aber auch in Holle hätte die Feuerwehr noch gut zu tun. Der Bereich Michelswiese, Am Rolande habe erneut Probleme mit Grundwasser. Angespannt ist Lage am Dienstag auch noch in Alfeld. Da bereiten Leine und Warne Stadt und Feuerwehr viel Arbeit.

Wie stellt sich die Lage in den kommenden Stunden dar?

Mit Blick auf die Zahlen und Prognosen des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) sowie nach Angaben der Harzwasserwerke wird sich die Situation vor allen Dingen in Sarstedt voraussichtlich noch bis 27. Dezember, 5 Uhr, zuspitzen. Danach rechnet Mörke (bislang) mit sinkenden Pegeln und damit, dass sich die Lage stabilisieren wird. Er verweist aber auch darauf, dass diese Annahmen nicht endgültig sein können, da die Entwicklung von vielen Faktoren abhängt. Insbesondere auch von den Regenfällen im Harz.

Wie können sich die Bürger und Bürgerinnen in den betroffenen Gebieten schützen?

Unter anderem die Städte Sarstedt und Bad Salzdetfurth haben dazu auf ihren Webseiten viele Ratschläge gesammelt. Dazu gehört zum Beispiel, dass Haushalte in gefährdeten Gebieten eine Ausrüstung für Notfälle immer parat haben sollen. Feuerwehren und Hilfsorganisationen brauchen ihre Ausrüstung für Einsätze und können sie nicht verleihen. Zudem sollten Keller, Garagen und tiefer liegende Räume frühzeitig geräumt werden. Der Strom sollte in gefährdeten Räumen abgeschaltet, Heizungsanlagen und Öltanks sollten gesichert werden. Weitere Informationen finden sich auf den Webseiten von Sarstedt und Bad Salzdetfurth.

Wie können Bürger, die selber nicht betroffen sind, anderen helfen?

Grundsätzlich schon alleine damit, dass sie anderen in ihrer Umgebung helfen, die dazu alleine nicht in der Lage sind. Aber mancherorts werden auch helfende Hände zum Beispiel beim Füllen von Sandsäcken benötigt. „2017 hab ich auf dem Bauhof mehrere Tage lang mit einem Spaten Sand in die Säcke geschaufelt“, erinnert sich Landrat Bernd Lynack. Aktuell sind im Kreisgebiet aber auch drei Sandsackfüllmaschinen im Einsatz und eine große Erleichterung. „Wer helfen will, sollte sich an die örtliche Einsatzleitung wenden“, rät Mörke. „Aber bitte nicht sauer sein, wenn keine Hilfe benötigt wird“, sagt der Kreisbrandmeister und erinnert an komplexe Maschinen, die bedient werden müssen, oder in den Teams eingespielte Handgriffe. Auch die Versorgung der Einsatzkräfte sei aber schon ein große Hilfe.

Die überfluteten Gebiete, sind derzeit beliebte Fotomotive. Mitunter fahren die Menschen extra in die Orte um sich die Lage dort anzusehen oder sie zu fotografieren. Was sagt der Kreisbrandmeister dazu?

Davon ist dringend abzuraten. „Und Straßensperrung ist zudem unbedingt Folge zu leisten“, so Mörke. Wer sich zu nah an die Fluten bewege, bringe sich selbst in Gefahr. Behindere oder binde aber zudem im schlimmesten Fall Einsatzkräfte, die anderswo dringend gebraucht würden.

Wie viele Einsatzkräfte sind unterwegs, und reicht die Personaldecke für die kommenden Tage?

Alle Feuerwehren in Stadt und Landkreis Hildesheim sind alarmiert. „Ich gehe davon aus, dass am Ende jeder Feuerwehrmann und jede Feuerwehrfrau mindestens zweimal im Einsatz war“, so Mörke. Das heißt: Tausende Ehrenamtliche waren über die Feiertage draußen statt bei ihren Familien. Auch wenn die Feiertage am Mittwoch vorbei sind und manch einer wieder zur Arbeit müsste, werde es keine Probleme geben. Viele hätten eben doch noch frei oder würden von ihren Arbeitgebern entsprechend freigestellt.

Seit 2017 hat es einige Hochwasserschutzmaßnahmen in der Region gegeben, doch noch immer fehlen wesentliche Bausteine. Zum Beispiel die sechs Rückhaltebecken entlang der Innerste zwischen Harz und Landkreis Hildesheim. Wie geht es damit weiter?

„Wer die Lippen spitzt, muss auch pfeifen. Das Land hat nach 2017 die Lippen gespitzt. Ich fühle aber bestenfalls ein laues Lüftchen“, sagt Lynack. Wie Bad Salzdetfurths Bürgermeister Björn Gryschka sieht er es auch als unerlässlich an, den Druck auf Hannover zu erhöhen. Erst kürzlich hatte Umweltmister Meyer auf die leeren Kassen hingewiesen. „Heute sehen wir, wohin uns das führt“, so der Landrat: „Das Land muss jetzt pfeifen.“

Katastrophenvoralarm oder Katastrophenalarm – wo ist der Unterschied?

Der Voralarm, den Lynack am Dienstagvormittag ausgelöst hatte und der gesetzlich seit 2020 möglich ist, versetzt die Region in die wichtige Lage, Material und Personal von außerhalb anzufordern. Zudem koordiniert der Landkreis die Einsätze. Die Entscheidungsgewalt, zum Beispiel ob evakuiert wird, bleibt aber bei der Stadt Sarstedt. Am Nachmittag ist der Voralarm noch einmal aufgestockt worden. Die Rede ist jetzt von einem „Außergewöhnlichen Ereignis“, eine Titulierung, die aber eher für die Verwaltung eine Bedeutung hat. Einen weiteren Schritt könnte Lynack noch gehen und den Katastrophenfall ausrufen. Der würde ihm mehr Rechte verleihen. Er könnte dann Betretungsverbote aussprechen oder Grundstücke und Gebäude, die für den Einsatz wichtig wären, vorübergehend in Anspruch nehmen. Zudem tragen dann Landkreis und Land die Kosten der Einsätze. Lynack hat sich vorbehalten, auch dieses Register noch zu ziehen.

Auch am Dienstag informiert die HAZ fortlaufend im Liveticker über das Hochwasser in der Region.

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